Im März 2020, also in der Hochphase der Hamsterkäufe, fand eine Mitarbeiterin des Werkschutzes eines Arbeitgebers bei einer Fahrzeugkontrolle im Kofferraum eines Arbeitnehmers eine Literflasche Desinfektionsmittel und eine Rolle Handtuchpapier – die laut Gericht „unter Beachtung der Corona bedingten Knappheit“ zum damaligen Zeitpunkt ca. 40,00 € (!) wert waren. Der Arbeitgeber kündigte mit Zustimmung des Betriebsrats fristlos. Im Kündigungsschutzverfahren zeigte sich der Arbeitnehmer überrascht: er habe in bester Absicht gehandelt – er wollte nämlich sicherstellen, dass das Desinfektionsmittel dienstlich verwendet werden könne. In den Nachtschichten seien diese mehrfach nicht verfügbar gewesen. Er habe sie daher in sein Fahrzeug gelegt, damit er und seine Kollegen regelmäßig dort hingehen und ihre Hände desinfizieren konnten. Der Parkplatz war tatsächlich nicht weiter von seinem Arbeitsplatz entfernt als das Depot für Desinfektionsmittel.
Trotz dieser eigenwilligen Begründung und der damaligen „Notlage“ hatte das Gericht kein Einsehen: die Klage wurde abgewiesen. Selbst wenn der Arbeitnehmer die Absicht gehabt hätte, das Desinfektionsmittel nur während der Arbeitszeit zu benutzen, hätte er es gerade im Hinblick auf die bestehende Knappheit jedenfalls seinen Kollegen entzogen. Diese hatte er leider auch nicht über das für sie „reservierte“ Desinfektionsmittel informiert. Ein Arbeitnehmer, der in Zeiten einer Pandemie dringend benötigtes Desinfektionsmittel dem Zugriff seines Arbeitgebers und seiner Kollegen entzieht, obwohl er weiß, dass dieses Desinfektionsmittel schwer zu beschaffen ist, müsse mit einer Kündigung rechnen.
Arbeitsrechtlich interessant ist der Streit der Parteien über die Betriebsratsanhörung: der Betriebsrat hatte der Kündigung bereits am Tag nach Übergabe des Anhörungsschreibens zugestimmt. Am Folgetag wurde die Kündigung übergeben. Die gesetzliche 3-Tages-Frist für die Äußerung des Betriebsrats war also noch nicht abgelaufen, so dass der Arbeitnehmer die verfrühte Kündigung rügte. Das Gericht konnte daher noch einmal die Anforderungen an eine Kündigung vor Fristablauf deutlich machen: das Beteiligungsverfahren endet schon mit Eingang einer abschließenden Äußerung des Betriebsrates. Dann kann gekündigt werden. Das gilt aber nur, wenn der Arbeitgeber der Erklärung unzweifelhaft entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt und dass der Betriebsrat unter keinen Umständen mehr eine weitere Äußerung abgeben werde. Dafür bedürfe es besonderer Anhaltspunkte. Im Falle einer abschließenden Erklärung zur Kündigungsabsicht, wie hier, liegen diese vor.