Kernbestandteil der EU-Richtlinie ist die Pflicht von juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Sektors, interne Kanäle und Verfahren für die Übermittlung und Weiterverfolgung von Meldungen einzurichten, wie es in Art. 4 der Richtlinie heißt. Die Meldekanäle, die auch von Dritten bereitgestellt werden können, sind als Eckpfeiler des Hinweisgeberschutzes so zu konzipieren, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers gewahrt bleibt.
Zur Einrichtung eines solchen „Whistleblowing-Systems“ sind neben Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio. EUR ausdrücklich u.a. auch
- staatliche Verwaltungsstellen,
- regionale Verwaltungen und Dienststellen,
- Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern sowie
- sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts
verpflichtet (vgl. Art. 4 Ziffer 6 der Richtlinie).
Fehlen solche internen Hinweisgebersysteme, werden diese nicht in angemessener Form bekanntgegeben oder erfolgt innerhalb von drei Monaten keine Rückmeldung über Folgemaßnahmen, ist ein Hinweisgeber unmittelbar zu einer externen Meldung an Behörden und in weiteren Ausnahmefällen sogar zur unmittelbaren Meldung an die Öffentlichkeit, z.B. an die Presse, berechtigt (vgl. Art. 13 der Richtlinie). Interne Meldesysteme und ein funktionsfähiges Compliance-System, dem die Mitarbeiter/innen vertrauen, geben der öffentlichen Hand bereits heute die Möglichkeit, etwaige Compliance-Verstöße abzustellen und intern aufzuarbeiten ohne möglicherweise von Medienberichten mit entsprechenden Reputationsschäden überrascht zu werden.
Der persönliche Anwendungsbereich der EU-Richtlinie (vgl. Art. 2 der Richtlinie) ist denkbar weit gefasst und gilt für Hinweisgeber, die im privaten oder im öffentlichen Sektor tätig sind und im beruflichen Kontext Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies sind z.B. Arbeitnehmer, unionsrechtlich fallen hierunter auch Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, Selbstständige, Anteilseigner, Geschäftsleiter, Praktikanten und Bewerber.
Die EU-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten zudem zu Maßnahmen, um jede Form von Repressalien (z.B. Herabstufung oder Versagung einer Beförderung) direkter und indirekter Art gegen Hinweisgeber zu untersagen und zu sanktionieren.
Die Vorgaben der „Whistleblower-Richtlinie“ sind von den Mitgliedsstaaten und auch vom deutschen Gesetzgeber spätestens innerhalb von zwei Jahren umzusetzen. Bei dieser Umsetzung in Deutschland ist damit zu rechnen, dass der Schutzbereich neben Verstößen gegen EU-Recht, wie z.B. das öffentliche Auftragswesen, auch auf Verstöße gegen nationale Vorschriften ausgeweitet wird.
Die zukünftigen gesetzlichen Anforderungen werden die Compliance-Managementsysteme der öffentlichen Hand bei der Einrichtung und Ausgestaltung der „Whistleblower-Systeme“ vor besondere Herausforderungen stellen. Zudem müssen bestehende kommunale Systeme auf die entsprechende Gesetzeskonformität überprüft werden.
Aufgrund der speziellen rechtlichen Anforderungen – z.B. aus dem Vergaberecht und dem Strafrecht – an Kommunen und ihre Beteiligungsunternehmen sowie die besondere Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, sollte ein passgenaues Compliance-System – zukünftig unter Berücksichtigung der nationalen Vorgaben aufgrund der Umsetzung der „EU-Whistleblower-Richtlinie“ – selbstverständlich sein. Wir unterstützen und beraten Sie gerne dabei.