Derzeit wird eine Änderung des Bewertungsgesetzes zum 01.01.2023 vorbereitet, die für all jene, die in den kommenden Jahren – etwa im Wege der vorweggenommenen Erbfolge – eine Schenkung von Immobilien planen, voraussichtlich erhebliche steuerliche Folgen haben wird.
Im Einzelnen geht es um Folgendes:
Bisher führt die Anwendung der Vorschriften des Bewertungsgesetzes häufig dazu, dass Immobilien für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer deutlich unter dem tatsächlichen Verkehrswert bewertet werden, sodass die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer entsprechend niedriger ausfällt. Das soll sich nach dem Willen des Bundesfinanzministeriums mit dem aktuell im Entwurf vorliegenden Jahressteuergesetz 2022 (zumindest teilweise) ändern.
Der Entwurf sieht deshalb verschiedene recht „technisch“ gehaltene Regelungen vor, die in vielen Fällen zu einer Erhöhung der Bewertung führen werden. Im Raum stehen u.a. Anpassungen hinsichtlich Liegenschaftszinssätzen, Bewirtschaftungskosten, Restnutzungsdauer und die Einführung eines sog. Regionalfaktors.
Wie weit die Auswirkungen tatsächlich reichen werden und in welchem Ausmaß einzelne Objekte davon betroffen sein werden, lässt sich derzeit noch nicht mit Sicherheit vorhersagen, weil die endgültige Fassung Gesetzes aktuell ja noch nicht bekannt ist. Zu lesen ist aber teilweise von erwarteten Werterhöhungen von etwa 20%-30% – je nach Einzelfall aber auch von 50% oder mehr. In den Stellungnahmen verschiedener Verbände und einer Expertenanhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in der vergangenen Woche hat es auch Kritik an diesen Plänen gegeben. Ob sich daraus noch Anpassungen ergeben, wird sich zeigen. Völlig entfallen wird die Gesetzesänderung aber wohl kaum noch.
Nun kann man sich durchaus die Frage stellen, wie sinnvoll es ist, sein Verhalten an noch nicht feststehenden, also ungewissen, künftigen Gesetzesänderungen auszurichten. Die endgültige Rechtslage abzuwarten, ist hier jedoch leider keine Option. Das Jahressteuergesetz wird regelmäßig erst unmittelbar vor Weihnachten endgültig beschlossen. Nach derzeitigem Stand des Entwurfs sind die oben skizzierten Änderungen aber bereits auf alle Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 anwendbar. Es besteht also ggf. kurzfristiger Handlungsbedarf.
Das „alte“ Recht findet nämlich grundsätzlich nur noch auf solche Immobilienschenkungen Anwendung, bei denen spätestens am 31.12.2022 die sog. Auflassung und die sog. Eintragungsbewilligung vorliegen. Ohne diese Begriffe im Einzelnen erläutern zu wollen, bedeutet das: Sofern diese Voraussetzungen schon mit dem Schenkungsvertrag geschaffen werden – was in der Regel möglich ist – wird im häufig schon die Unterzeichnung des Schenkungsvertrages bis zum 31.12.2022 ausreichend sein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Schenkungsvertrag zwingend vor einem Notar abgeschlossen werden muss und dieser noch ausreichend Zeit benötigt, den Vertrag vorzubereiten und mit den Beteiligten abzustimmen. Umgekehrt ist es aber z.B. nicht erforderlich, dass die Eintragung im Grundbuch schon vor dem Jahreswechsel erfolgt. Allerdings kann es je nach Einzelfall auch auf einen anderen als den oben genannten Zeitpunkt ankommen. Auch diese Frage sollte daher frühzeitig geklärt werden.
Es kann also steuerlich durchaus sinnvoll sein, eine ohnehin geplante Schenkung noch auf dieses Jahr vorzuziehen. Selbst wenn es nicht zu einer unmittelbaren Steuerersparnis kommt, werden zumindest die steuerlichen Freibeträge (z.B. für weitere spätere Schenkungen) geschont, die sonst in unnötig großem Umfang für die nächsten 19 Jahre „verbraucht“ wären.