Die Liste der Risikogebiete wird regelmäßig aktualisiert und ist im Internet unter dem Link https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html erreichbar. Ausgenommen von der Quarantäne sind Personen, die keine typischen Symptome aufweisen und bei Rückkehr aus einem Risikogebiet einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist, oder sich nach Ankunft - innerhalb von 72 Stunden - auf eine Corona-Infektion testen lassen. Bis zum Vorliegen eines negativen Testergebnisses besteht die Pflicht zur häuslichen Quarantäne. Aktuell ist geplant, die Quarantäne auf 10 Tage zu verkürzen. Für den Arbeitgeber stellen sich daher insbesondere die Frage, ob für ihn Möglichkeiten bestehen, die Reise des Arbeitnehmers in ein Risikogebiet zu verhindern – und ob er im Fall der Quarantäne zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist.
Kein Verbot der Reise in ein Risikogebiet
Nach herrschender Ansicht besteht keine Möglichkeit für den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer die Reise in ein Risikogebiet zu verbieten. Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht erfasst grundsätzlich nicht das außerbetriebliche Verhalten des Arbeitnehmers, so dass dieser sein Urlaubsziel frei wählen und – so die herrschende Meinung – auch in Risikogebiete reisen darf. Daher darf der Arbeitgeber auch keine Sanktionen aussprechen, wenn der Arbeitnehmer Urlaub in einem Risikogebiet nimmt und sich anschließend in Quarantäne begeben muss. Das gilt jedenfalls, solange er durch einen negativen Test die Quarantäne verhindern kann und daher seiner Arbeitspflicht voraussichtlich nachkommen kann.
Lohnfortzahlungspflicht bei Quarantäne?
Schwer zu beantworten ist die Frage, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Lohn im Fall der Quarantäne fortzahlen muss. Hier sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:
1. Fall: Der Urlaubsort des Arbeitnehmers ist erst nach Reiseantritt zum Risikogebiet erklärt worden. Dieser Fall ist derzeit sehr umstritten. Nach einer Ansicht schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gem. § 616 BGB („vorübergehende Verhinderung“) die Fortzahlung des Lohns während der Quarantäne. Einer anderen Ansicht nach steht dem Arbeitnehmer stattdessen ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 S. 2 IfSG zu. Die EntUPDATE Arbeitsrecht 10. September 2020 2 schädigung müsse der Arbeitgeber ihm nach § 56 Abs. 5 IfSG auszahlen; er könne sich den Betrag jedoch von der Behörde erstatten lassen. So hat sich am 26.08.2020 auch ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums geäußert. Die Äußerung ist aber mit Vorsicht zu genießen, weil das IfSG vom Wortlaut her nur für individuell angeordnete Quarantäne gilt. Wenn der Arbeitgeber in Vorleistung tritt, den Arbeitnehmer bezahlt und anschließend die Erstattung nicht erfolgt, wird es schwierig, sie vom Arbeitnehmer zurück zu erhalten. Eine dritte Ansicht geht davon aus, dass dem Arbeitnehmer weder Lohnfortzahlungs- noch Entschädigungsansprüche zustehen.
Bis hierzu eine Klärung in der Rechtsprechung erfolgt, bietet es sich für Arbeitgeber an, sich einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer um Alternativlösungen zu bemühen – etwa auf Arbeit im Homeoffice oder die Gewährung von unbezahltem oder bezahltem Urlaub während der Quarantäne.
2. Fall: Der Urlaubsort des Arbeitnehmers ist schon vor Reiseantritt zum Risikogebiet erklärt worden.
Auch diese Konstellation ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt. Nach herrschender Ansicht scheidet aber ein Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB aus, weil der Arbeitnehmer die vorübergehende Verhinderung zu vertreten habe. Ein Entschädigungsanspruch dürfte an § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG scheitern, da der Arbeitnehmer die Quarantäne durch öffentlich empfohlene Maßnahme – den Nichtantritt der Reise – hätte vermeiden können. Nach der sehr weitgehenden Äußerung des Sprechers des Bundesgesundheitsministeriums hat die Bundesregierung am 27. August 2020 die Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung angekündigt, die eine Verdienstausfallentschädigung ausschließt, wenn eine Quarantäne aufgrund einer vermeidbaren Reise in ein bei Reiseantritt ausgewiesenes Risikogebiet erforderlich wird.
Corona-Symptome trotz Negativtest
Unbedingt zu berücksichtigen ist, dass auch ein Negativtest die Quarantänepflicht nicht aufhebt, wenn der Arbeitnehmer Symptome einer Corona-Infektion aufweist (§ 3 Abs. 7 CoronaEinrVO). Treten die Symptome innerhalb von 14 Tagen seit der Einreise auf, hat der Arbeitnehmer das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich über die Symptome zu informieren (§ 2 Abs. 2 CoronaEinrVO). Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer auffordern, die Arbeitsstätte unverzüglich zu verlassen und sich gegebenenfalls in ärztliche Behandlung zu begeben.
Fragerecht des Arbeitgebers
Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer nach herrschender Ansicht sowohl vor als auch nach dem Reiseantritt nach dem Urlaubsort befragen. Das nach Datenschutzrecht erforderliche berechtigte Interesse folgt vor allem aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für die Belegschaft. Denkbar ist insbesondere, dass der Arbeitnehmer eine Quarantänepflicht nicht beachtet und dadurch andere Arbeitnehmer in Gefahr bringt. Dem muss der Arbeitgeber durch eine Frage nach dem Urlaubsort vorbeugen können. Idealerweise sollte die Antwort des Arbeitnehmers dokumentiert werden.
Dienstreisen
Für Personen, die aus beruflichen Gründen in Risikogebiete reisen, gelten unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von der Quarantänepflicht, stattdessen aber Testpflichten.