Arbeitsleistung im Homeoffice

Fachbeitrag
Arbeitsrecht

Mobiles Arbeiten ist in den meisten Unternehmen mittlerweile Alltag. Ebenso alltäglich ist aber auch die Befürchtung vieler Führungskräfte, die Arbeit im Homeoffice gehe mit einem Kontrollverlust einher. Wo das enden kann, zeigt ein aktuelles Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 28.09.2023 (5 Sa 15/23).

Der Fall:

Die Klägerin arbeitete im Wechsel an ihrem Büroarbeitsplatz im Betrieb und im Homeoffice. In den Monaten Dezember 2021 bis März 2022 leistete sie ca. 300 von insgesamt 720 Arbeitsstunden im Homeoffice. Anfang April forderte der Arbeitgeber sie auf, alle Unterlagen einzureichen, insbesondere das Qualitätshandbuch, dessen Erstellung ihre Arbeitsaufgabe war. Das geschah offenbar nicht. Daraufhin machte der Arbeitgeber Ansprüche auf Rückzahlung des Bruttolohns für die 300 im Homeoffice geleisteten Arbeitsstunden geltend und rechnete mit offenen Lohnansprüchen auf. Im Arbeitsgerichtsverfahren verlangte die Klägerin Auszahlung des noch offenen Lohns. Im Gegenzug klagte der Arbeitgeber auf Rückzahlung der Vergütung, soweit keine Aufrechnung erfolgen konnte.

Das Urteil:

Das Landesarbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung und wies seine Widerklage ab. Diese Entscheidung war aufgrund der Konstellation sicherlich erwartbar. Die Begründung ist aber interessant für alle Arbeitgeber:

Das LAG stellt zunächst fest, dass der Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers entfällt, wenn er seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht nachkommt. Wenn die Arbeitnehmerin im Homeoffice tatsächlich nicht gearbeitet hätte, hätte sie also auch keinen Vergütungsanspruch gehabt.

Die Tatsache, dass sie ihre wesentliche Aufgabe, das Erstellen eines Qualitätshandbuchs, nicht erfüllt hat, und dass sie auch sonst kaum Arbeitsergebnisse feststellen konnte, war aus Sicht des Arbeitgebers ausreichendes Indiz dafür, dass die Arbeitnehmerin ihre Arbeitsleistung im Home Office nur vorgetäuscht hatte und tatsächlich gar nicht gearbeitet hatte. Der Arbeitgeber war also der Auffassung, die Arbeitnehmerin hätte nachweisen müssen, dass sie gearbeitet hat und was sie getan hat.

Das LAG sah das anders: grundsätzlich trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Wenn er einen entsprechenden Vortrag leistet, muss der Arbeitnehmer substantiiert erwidern. Die Arbeitnehmerin hatte immerhin im Home Office an einzelnen Tagen E-Mails geschickt, denen teilweise auch Anlagen beigefügt waren. Dies lasse auf Arbeitsleistungen schließen. Mehr musste die Arbeitnehmerin nicht darlegen. Da der Arbeitgeber seinerseits nicht belegen konnte, dass und in welchem Umfang sie gar nichts getan hatte, verlor er den Prozess.

Die Konsequenzen für die Praxis:

Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, auch und gerade mit Mitarbeitern, die remote arbeiten, regelmäßig zu kommunizieren. In der Regel kann der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres wissen, ob seine Mitarbeiter im Homeoffice am Schreibtisch sitzen oder beim zweiten Frühstück. Die minutiöse Darlegung, was sie (nicht) getan haben, fällt daher oft schwer. Wer aber über vier Monate hinweg nicht merkt, dass seine Arbeitnehmerin keine Arbeitsergebnisse vorlegt und deshalb wahrscheinlich auch nicht in vollem Umfang gearbeitet hat, kann nicht im Nachhinein das gezahlte Gehalt zurückverlangen. Wenn der Verdacht besteht, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitspflicht nicht erfüllen, können sie zu verstärkter Abstimmung oder Dokumentation verpflichtet werden, die dann konkret geprüft werden kann.

Das gilt aber nicht nur bei Arbeit im Homeoffice:

Interessant ist, dass der Arbeitgeber im Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern ausschließlich die Vergütung für die häusliche Arbeitszeit zurück verlangte: am betrieblichen Arbeitsplatz reichte ihm offenbar die bloße Anwesenheit aus, ohne dass er nach dem Ergebnis fragte.

Konsequenz ist also nicht, dass man Arbeit im Homeoffice oder mobile Arbeit nicht mehr erlauben dürfte, weil man die Kontrolle verliert. Dasselbe kann auch am betrieblichen Arbeitsplatz passieren: ein Arbeitnehmer erscheint morgens zur Arbeit, loggt sich in der Zeiterfassung ein und beschäftigt sich den Rest des Tages mit privaten Angelegenheiten oder surft im Internet. Wer nicht vorrangig auf Präsenz achtet, sondern auf die Arbeitsergebnisse und den Prozess ihrer Entstehung, wird weder im Homeoffice, noch bei mobiler Arbeit vergleichbare Schwierigkeiten haben. Und wenn Arbeitnehmer im Homeoffice tatsächlich keine, weniger oder schlechtere Ergebnisse erzielen als am betrieblichen Arbeitsplatz, besteht bei einer vernünftigen Vertragsgestaltung immer noch die Option, sie an diesen Arbeitsplatz zurückzuholen.

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