Werden vom Finanzamt Steuernachzahlungen festgesetzt, können bekanntermaßen Zinsen und/oder Säumniszuschläge anfallen. Die Verzinsung betrifft dabei den Zeitraum bis zum Wirksamwerden der (neuen) Steuerfestsetzung. Ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung fallen (bei Nichtzahlung) Säumniszuschläge an.
Bis vor wenigen Jahren galt für die Verzinsung ein Zinssatz von 6% p.a., den das Bundesverfassungsgericht aber in seiner Entscheidung vom 08.07.2021 für den Zeitraum ab dem 01.01.2019 für verfassungswidrig erklärt hat. Der Gesetzgeber hat daraufhin mit § 238 Abs. 1a AO eine Neuregelung geschaffen, wonach die Verzinsung (von Ausnahmen abgesehen) aktuell grundsätzlich nur noch 1,8% p.a. beträgt.
Seitdem sind immer wieder auch hinsichtlich der Säumniszuschläge nach § 240 AO verfassungsrechtliche Zweifel geäußert worden, da diese mit 12 % sogar doppelt so hoch sind wie der für verfassungswidrig erklärte Zinssatz.
Diverse Entscheidungen aus den letzten Monaten zeigen, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge sogar zwischen den einzelnen Senaten des Bundesfinanzhofs streitig ist. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (sog. AdV-Verfahren), in denen keine abschließende Prüfung der Angelegenheit durch die Gerichte stattfindet, haben mindestens drei Senate „ernstliche Zweifel“ an der Verfassungsmäßigkeit geäußert, während andere Senate das Gegenteil vertreten, da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Zinsen nicht auf die Regelungen bzgl. der Säumniszuschläge übertragbar sei. Mit den Säumniszuschlägen werde nämlich ein anderer Zweck verfolgt als mit den Zinsen, weshalb erstere höher ausfallen dürften.
Soweit ersichtlich, hat es bisher keine Hauptsacheentscheidung des Bundesfinanzhofs zu dieser Thematik bzgl. des Zeitraums ab dem 01.01.2019 gegeben. In einem solchen Hauptsacheverfahren könnte letztlich auch nur das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit (positiv) feststellen – entweder auf Vorlage des Bundesfinanzhofs oder aufgrund einer Verfassungsbeschwerde eines Steuerpflichtigen, wenn der Bundesfinanzhof die bisherigen Regelungen für verfassungskonform hält.
Teilweise liest man deshalb unter Bezugnahme auf lediglich einzelne Entscheidungen, dass die Höhe der Säumniszuschläge verfassungskonform sei. Dies ist nach unserer Einschätzung derzeit aber noch keineswegs entschieden. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher die Erhebung eines Rechtbehelfs prüfen lassen. Dabei ist insbesondere auch ein Verfahren einzuhalten, das sich in gewissen Einzelheiten von dem sonst üblichen unterscheidet.