Einheitliche Verjährungshemmung im selbstständigen Beweisverfahren (Rechtsprechungsänderung!)

Fachbeitrag
Immobilienwirtschaftsrecht

Einheitliche Verjährungshemmung im selbstständigen Beweisverfahren (Rechtsprechungsänderung!)

Sachverhalt

Die Klägerin beauftragte die Beklagte im August 2005 unter Einbeziehung der VOB/B mit der Herstellung einer Betonfertigteilfassade. Für Mängelgewährleistungsansprüche wurde eine Verjährungsfrist von vier Jahren vereinbart.

Zu den Leistungen der Beklagten gehörten unter anderem die Herstellung einer Attika sowie Vorhangfassaden mittels Betonfertigteilelementen und Betonlamellen vor den Fenstern. Nach Abnahme der Leistungen (Dezember 2006) rügte die Klägerin Mängel an der Leistung der Beklagten und forderte sie zur Mängelbeseitigung auf (Juni 2010).

Sodann beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. In diesem Verfahren wurde ein Gutachten nebst mehrerer Ergänzungsgutachten eingeholt. 

Der Sachverständige stellte unter anderem Risse im Attikabereich sowie Durchbiegungen der Beton-Fensterlamellen fest. Innerhalb der Frist zur Stellungnahme zum ersten Ergänzungsgutachten (April 2013) äußerte sich die Klägerin zu den Rissen in den Attikaelementen nicht. 

Das selbständige Beweisverfahren wurde sodann hinsichtlich der mangelhaften Beton-Fensterlamellen fortgesetzt. Die Risse in den Attikaelementen waren nicht mehr Gegenstand der weiteren Ergänzungsgutachten. 

Die letzte in dem Verfahren vom Landgericht gesetzte Frist zur Stellungnahme endete im März 2015. 

Mit im Juni 2015 eingereichter Klage hat die Klägerin u.a. die Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung in Höhe von 67.200,00 € bezüglich der Attika verlangt. Hiergegen erhob die Beklagte unter anderem den Verjährungseinwand.

Mit Urteil vom 30.11.2021 (Az. 10 U 58/21) hat das OLG Stuttgart die Beklagte zur Zahlung des beantragten Kostenvorschusses verurteilt.

Mit ihrer Revision wendet sich die Beklagte gegen diese Verurteilung. 

Entscheidung des BGH (Urteil vom 22.06.2023 – VII ZR 881/21)

Ohne Erfolg! Der BGH hat entschieden, dass der Klägerin gegen die Beklagte der Anspruch auf Zahlung von 67.200,00 € als Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung wegen der Risse in der Attika gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (2002) zusteht. 

Der Anspruch sei nicht verjährt. Die vereinbarte Verjährungsfrist habe mit der Abnahme im Dezember 2006 begonnen und hätte grundsätzlich im Dezember 2010 geendet. Aufgrund der Beklagten im Juni 2010 zugegangenen Mängelanzeige habe sich die Gewährleistungsfrist gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B (2002) auf zwei Jahre ab diesem Zeitpunkt bis Juni 2012 verlängert.

Das selbständige Beweisverfahren habe die Verjährung hinsichtlich der Risse in der Attika nicht lediglich bis zum Ende der im April 2013 ablaufenden Stellungnahmefrist zum ersten Ergänzungsgutachten nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt. 

Werden mehrere Mängel in einem einheitlichen Beweisverfahren anhängig gemacht, richte sich das Ende der Verjährungshemmung für alle geltend gemachten Mängel nach dem Abschluss des gesamten selbständigen Beweisverfahrens. 

Damit sei das selbständige Beweisverfahren auch in Bezug auf den Mangel an der Attika - erst - im März 2015 beendet worden. Wegen § 204 Abs. 2 S.1 BGB sei daher von der Hemmung der Verjährung bis September 2015 auszugehen, weshalb die Klage aus Juni 2015 in unverjährter Zeit erhoben worden sei und diese zu einer erneuten Hemmung der Verjährung geführt habe.
 

Fazit

Änderung der Rechtsprechung!

Der BGH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 03.12.1992 - VII ZR 86/92), dass die Beweissicherung und damit die Unterbrechung der Verjährung bei mehreren, voneinander unabhängigen Mängeln desselben Bauvorhabens mit dem Abschluss der Beweissicherung hinsichtlich eines jeden dieser Mängel ende, auch wenn die verschiedenen Mängel und Sachverständigengutachten Gegenstand nur eines, formal zusammengefassten Verfahrens geworden sind, nicht mehr fest (Änderung seiner Rechtsprechung). 

Ein Antragssteller im selbständigen Beweisverfahren kann daher nun die Beendigung des Verfahrens abwarten und ist nicht mehr gezwungen, wegen einzelner Mängel bzw. Mängelkomplexe, schon vorzeitig in das Hauptsacheverfahren überzugehen. 

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