Bei Betriebsänderungen werden häufig neben den Leistungen aus einem Sozialplan, insbesondere Abfindungen, weitere Leistungen gewährt, beispielsweise eine Prämie dafür, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt. Ziel einer solchen Zusatzprämie ist es, schnell Rechtssicherheit zu erhalten und Prozesskosten zu sparen. Das BAG hat durch Urteil vom 07.12.2021 die Voraussetzungen für die Vereinbarung einer solchen Klageverzichtsprämie nunmehr deutlich gesenkt (1 AZR 562/20).
In dem vom BAG entschiedenen Fall hatte die Beklagte anlässlich der Schließung ihres Betriebes im Juni 2019 mit dem Betriebsrat einen Sozialplan abgeschlossen. Nach diesem Sozialplan erhielten die von der Schließung betroffenen Mitarbeiter eine Abfindung, die auf 75.000,00 € pro Person begrenzt wurde. Durch eine weitere Betriebsvereinbarung wurde vereinbart, dass die von der Schließung betroffenen Mitarbeiter eine Prämie erhalten, wenn sie keine Klage gegen die Kündigung erheben. Der Kläger erhielt die höchst mögliche Abfindung nach dem Sozialplan, also 75.000,00 €. Obwohl er nicht gerichtlich gegen die Kündigung vorgegangen war, zahlte die Arbeitgeberin die Klageverzichtsprämie nicht, weil sie die Ansicht vertrat, dass der im Sozialplan vereinbarte Höchstbetrag auch diese Prämie einschloss.
Der Kläger machte die Prämie daher gerichtlich geltend – und war beim BAG erfolgreich.
Dass die Klageverzichtsprämie zusätzlich zum Höchstbetrag zu zahlen war, ergab sich aus einer Auslegung der Betriebsvereinbarung. Über diese Einzelfallfrage hinaus ist das Urteil interessant, weil das BAG sich dazu äußert, unter welchen Voraussetzungen eine Klageverzichtsprämie wirksam vereinbart werden kann: Sie darf nicht im Sozialplan selbst geregelt werden, sondern nur in einer gesonderten, freiwilligen Betriebsvereinbarung. Zudem darf sie nicht dazu führen, dass die infolge der Betriebsänderung eintretenden Nachteile nach dem Sozialplan nicht mehr „hinreichend angemessen“ gemildert werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der zwingende Charakter des Sozialplans nicht unterlaufen wird. Bislang hat das BAG zudem angenommen, dass die für einen Sozialplan „an sich“ zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht entzogen und funktionswidrig (vor allem zur Vermeidung von Klagen) eingesetzt werden durften. Daran hält das BAG nicht mehr fest. Die Betriebsparteien verfügen über einen Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung, inwieweit wirtschaftliche Nachteile abgemildert werden sollen. Daher könne nicht vorgegeben werden, dass es „an sich“ finanzielle Mittel gibt, welche dem Sozialplan vorbehalten sind.