I. Einleitung
Als gasförmiger Stoff bedarf Wasserstoff genau wie Erdgas eines Leitungssystems, um eine konstante flächendeckende Versorgung gewährleisten zu können. Dieses Leitungssystem kann entweder neu errichtet werden oder sukzessive auf Grundlage des bestehenden Erdgasleitungssystems entstehen – ähnlich der Umstellung von L-Gas auf H-Gas. Insbesondere die in diesem Umstellungsprozess frei werdenden Leitungen bieten sich für eine Umstellung auf den Transport von Wasserstoff an. Dies birgt einerseits den Vorteil, keine neuen Infrastrukturen – mit den einer neuen Trassenfindung immanenten Problemen – errichten zu müssen und erhält andererseits den wirtschaftlichen Wert und Nutzen der Bestandsleitungen der Netzbetreiber. Hinzu kommt der Umstand, dass der Weg zur Klimaneutralität über die Dekarbonisierung immer stärker von den fossilen Brennstoffen und damit auch vom Erdgas wegführen wird. So werden auch heute noch benötigte Erdgasleitungen im Laufe der kommenden Jahre an Bedeutung und damit an wirtschaftlichem Wert verlieren. Dies könnte durch eine wasserstoffaffine Nutzung vermieden werden.
II. Rechtliche Einordnung
Ein rechtlicher Rahmen für den leitungsgebundenen Transport von Wasserstoff ist derzeit nur rudimentär gegeben. Die einschlägigen Gesetze, insbesondere das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist seiner Konzeption nach nicht auf die Nutzung von Wasserstoff, sondern primär auf Erdgas ausgerichtet. Dementsprechend umfassen die derzeit gültigen gesetzlichen Definitionen Wasserstoff oftmals nicht und versperren
den Weg zu gesetzlichen Regularien, wie beispielsweise die Planfeststellung gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 5 EnWG.
Die Bundesregierung plant als eine Maßnahme ihrer Wasserstoffstrategie die Anpassung des rechtlichen Rahmens. Aktuelle Bestrebungen gehen dabei vom Bundesrat aus, der bereits in einer Empfehlung vom 23.10.2020 zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften“ wichtige Änderungen im EnWG angestoßen hat. Darunter fällt einerseits die Änderung bzw. Schaffung der erforderlichen Begriffsdefinitionen in § 3 EnWG, die Änderung des § 17 EnWG und der §§ 33, 36 GasNZV zur Sicherung der „Wasserstoffqualität“ und reiner Wasserstoffnetze sowie die Einführung einer neuen Auslegungsregel für Dienstbarkeiten im Rahmen eines neu zu schaffenden § 113a EnWG, nach dem der Wasserstofftransport unabhängig von der konkreten Formulierung des Dienstbarkeitstextes umfasst sein soll. Damit würden sowohl planungs- als auch leitungsrechtlich wichtige Voraussetzungen geschaffen.
Mit Beschluss vom 27.11.2020 hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, erste maßgebliche Schritte zur Anpassung des Rechtsrahmens anzustoßen und betonte dabei die beabsichtigte werterhaltende Nutzung bestehender Gasinfrastrukturen durch den Transport von Wasserstoff in ehemaligen Erdgasleitungen sowie die Bedeutsamkeit der Bemühungen, vorhandene Gasspeicher für eine Wasserstoffaufnahme
weiterzuentwickeln.
III. Ausblick
Auf politischer Ebene sollten schnellstmöglich die erforderlichen Anpassungen des Rechtsrahmens vorgenommen werden. Dazu wäre die Umsetzung der Empfehlung des Bundesrates ein erster wesentlicher Schritt.
Aber auch die Wirtschaft muss sich heute als Vorreiter auf dem Wasserstoffmarkt positionieren, um zukunftssicher für morgen voranzugehen. So ist die Industrie gehalten, die Potentiale des Wasserstoffs in größerem Umfang als bisher in energetischer und stofflicher Hinsicht nutzbar zu machen. Als CO2-neutraler Energieträger bietet die Nutzung von Wasserstoff zudem einen „grünen“ Imagevorteil. Daneben existieren Förderprogramme der Länder, des Bundes und der EU für Wasserstoffvorhaben, auf deren Grundlage erhebliche Fördermittel beantragt werden können. Die Leitungsnetzbetreiber sind aktuell in der Lage, durch eine Umstellung frei werdender Erdgasleitungen auf Wasserstoff einerseits den Wert ihrer Infrastrukturen zu erhalten und andererseits auf dem rasant wachsenden Markt eine Vielzahl neuer Anschlussnehmer
zu gewinnen. Auf diesem Weg begleiten wir bereits mehrere Mandanten.