Auf unsere Hinweise zu den Auswirkungen der Coronakrise auf das Gewerberaummietrecht haben wir in erfreulich großem Umfang Resonanz erhalten. Dies freut uns vor allem deswegen, weil es die große praktische Bedeutung der von uns angesprochenen Thematik bestätigt.
Gleichwohl verkennen wir nicht, dass die rechtlichen Bewertungen des Sachverhalts durch geschätzte Kolleginnen und Kollegen teils unterschiedlich ausfallen.
Richtig ist, dass eine Vielzahl von Fallgestaltungen denkbar ist und generelle Hinweise auf rechtliche Gegebenheiten nicht eine exakte rechtliche Bewertung jeder einzelnen individuellen Fallkonstellation ermöglichen:
So ist – wie immer – in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen, ob es konkrete vertragliche Regelungen gibt und wenn ja, ob diese wirksam sind. Letztere Prüfung ist immer dann erforderlich, wenn es sich um Vertragsregelungen handelt, die den Charakter einer Allgemeinen Geschäftsbedingung haben. Auch wird es in aller Regel eine Rolle spielen, ob der Nutzungszweck im Vertrag detailliert geregelt ist, oder nur allgemein gefasst ist. Schließlich spielt es eine Rolle, ob sich der einzelne Mieter aufgrund einer eigenverantwortlichen Entscheidung – seien es gesundheitliche Gründe, seien es wirtschaftliche Erwägungen – entschließt, seinen Geschäftsbetrieb nicht aufrecht zu erhalten, oder ob die Schließung auf öffentlich rechtliche Vorgaben in Gestalt der von den Kommunen erlassenen Allgemeinverfügungen beruht.
Speziell die letztgenannte Fallkonstellation wird in der Praxis sehr häufig anzutreffen sein und unterliegt unterschiedlichen rechtlichen Bewertungen, durch die bislang publizierten Meinungen:
So wird verschiedentlich das Risiko, in einem angemieteten Geschäftslokal den bisherigen Geschäftsbetrieb in Folge von Schließungsverfügung nicht fortführen zu können, der betrieblichen Sphäre des einzelnen Mieters zugeordnet, wie es von anderen Fallkonstellationen bekannt ist (zum Beispiel unbefriedigender wirtschaftlicher Erfolg, Schließungsverfügung aufgrund individueller Umstände des Mieters, zum Beispiel fehlende Konzession in der Gastronomie).
Fest steht, dass die hier diskutierten Fallkonstellationen weder auf Versäumnissen des Vermieters (zum Beispiel Sicherheitsmängel der Mietsache) noch auf Versäumnissen des Mieters beruhen, so dass es letztlich um die Frage geht, welche Vertragspartei in einer solchen Situation das Risiko trifft. Anerkannt ist, dass in Fallgruppen, in denen Nutzungseinschränkungen des Mieters aus sogenannten Umfeldmängeln oder Umweltmängeln resultieren, wie zum Beispiel Einschränkungen in der Zugänglichkeit des Mietobjektes oder Einschränkungen des ungestörten Mietgebrauchs – z.B. durch Lärmbelästigungen aus der Umgebung, ein Minderungsrecht bestehen kann.
Unseres Erachtens spricht vieles dafür, die hier diskutierten Fälle diesen Fallgruppen gleichzusetzen, da der Vermieter nach dem gesetzlichen Leitbild des § 535 BGB verpflichtet ist, dem Mieter die Mietsache „in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand“ zu überlassen und diesen während der gesamten Mietzeit aufrechtzuerhalten.
Klarheit wird erst obergerichtliche Rechtsprechung bringen. Abgesehen davon, dass diese noch einige Zeit auf sich warten lassen wird, sind alle Beteiligten sicher gut beraten, vorrangig rechtlich wie wirtschaftlich angemessene Lösungen anzustreben.
Hierfür stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne beratend zur Seite.