Sachverhalt
Gegenstand des Vergabenachprüfungsverfahrens war die Vergabe von Bauleistungen für den Rohbau eines Krankenhausgebäudes. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. In der Auftragsbekanntmachung war der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin als Kontaktstelle für den Auftraggeber mit seiner Kanzlei namentlich benannt. 5 Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin war darüber hinaus zwar nicht in dem konkreten Vergabeverfahren aber in anderen aktuellen Mandaten auch für die Antragstellerin tätig.
Die Submission der elektronischen Angebote wurde durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin und eine Mitarbeiterin des Verfahrensbevollmächtigten in dessen Kanzleiräumen durchgeführt.
Das Angebot der Antragstellerin ging dabei als das preislich Günstigste hervor.
Im Zuge der Angebotsprüfung wurde festgestellt, dass im Angebot der Antragstellerin an verschiedenen Stellen Angaben zu Produkten bzw. Typenangaben fehlten. Die Antragstellerin reichte auf Nachforderung gemäß § 16a EU VOB/A Unterlagen nach. Die erneute Prüfung ergab, dass für einige der bemängelten Positionen keine Unterlagen eingereicht worden waren, des Weiteren gegenüber dem Angebot bei mehreren Positionen die Fabrikate geändert worden und schließlich bei einigen Positionen mehrere Fabrikate und Typenangaben aufgeführt worden waren. Aufgrund dieser Mängel wurde das Angebot der Bieterin auf Grundlage eines von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin erstellten Schreibens ausgeschlossen.
Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebots mangels Anwendbarkeit der Ausschlussregelung in § 16a EU VOB/A. Überdies wurden einen Verstoß gegen das 4-Augen-Prinzip des § 14 Abs. 1 EU VOB/A sowie insbesondere ein Verstoß gegen § 6 VgV wegen der Verletzung der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten gerügt, da der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin an dem Vergabeverfahren mitgewirkt und gleichzeitig die Antragstellerin in anderen Mandaten anwaltlich vertreten hat.
Infolge der Nichtabhilfe stellte die Antragstellerin Nachprüfungsantrag bei der VK Saarland.
Entscheidung
Mit Erfolg!
Zunächst verneinte die VK mit Blick auf die restriktive Auslegung der Präklusionsvorschrift des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB eine verspätete Rüge hinsichtlich des behaupteten Interessenkonflikts infolge der Mitwirkung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin.
Darüber hinaus wurde ein Verstoß gegen das 4-Augen-Prinzip des § 14 Abs. 1 EU VOB/A von Seiten der VK verneint. Vertreter des Auftraggebers bei Durchführung der Öffnung der Angebote im Sinne des § 55 Abs. 2 S. 1 VgV kann jede von ihm hierzu ermächtigte Person sein, etwa ein Mitarbeiter oder externer Berater, ebenso ein Rechtsanwalt. Danach war auch die Angebotsöffnung durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zusammen mit einer Mitarbeiterin zulässig.
Allerdings wurde ein Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot von § 6 Abs. 1 VgV bejaht und das Verfahren aufgrund dieses Verstoßes in den Stand vor Angebotswertung zurückversetzt.
Nach Auffassung der VK fallen auch Rechtsanwälte wie der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin unter den Begriff des Beschaffungsdienstleisters des § 6 Abs. 1 VgV. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der VK, dass zur Bejahung der Vermutung eines Interessenkonflikts gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV schon die aktuelle Beratungstätigkeit des Rechtsanwalts für die Antragstellerin in anderen Mandaten neben der Tätigkeit für die Antragsgegnerin im konkreten Vergabeverfahren ausreichend ist. Nach dem neuen Gesetzeswortlaut kommt es im Gegensatz zur früheren gesetzlichen Regelung nämlich nicht mehr auf eine mandatsbezogene Tätigkeit im konkreten Vergabeverfahren an.
Die gesetzliche Vermutungsregel des § 6 Abs. 3 VgV kann aber dadurch widerlegt werden, dass organisatorische Maßnahmen nachgewiesen werden, die es ausschließen, dass innerhalb der Organisationseinheit vom Mitwirkungsverbot betroffene Personen tatsächlich mitwirken können.
Der Vortrag der Antragsgegnerin, dass ein zwingender Ausschlussgrund vorliegt und sich eine fehlerhafte Mitwirkung mithin nicht auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken konnte, ist nicht geeignet, die Vermutungsregel zu widerlegen. Dies liegt daran, dass sich die Vorschrift gegen die fehlerhafte Mitwirkung als solche wendet und es auch bei Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrundes bei der fehlerhaften Mitwirkung verbleibt.