Bei Großprojekten sind die öffentliche Auslegung von Antragsunterlagen zur Einsicht für jedermann, die öffentliche Bekanntmachung sowie Erörterungstermine oder mündliche Verhandlungen zentrale Elemente des Planungs- und Genehmigungsprozesses. Die derzeitigen corona-bedingten Kontaktbeschränkungen führen dazu, dass diese zentralen Elemente des Planungs- und Genehmigungsprozesses nicht wie bisher durchgeführt werden können.
Welche Vorhaben profitieren?
Damit einzelne Vorhaben nicht ins Stocken geraten oder scheitern, sollen mit dem Planungssicherstellungsgesetz nun formwahrende Alternativen für die betroffenen Verfahrensschritte in die Planungs- und Genehmigungsprozesse eingeführt werden. Das Gesetz ist befristet und gilt (zunächst?) nur bis zum 31.03.2021. Der Gesetzesentwurf kann hier abgerufen werden.
Das Planungssicherstellungsgesetz betrifft verschiedene Fachplanungs- und Genehmigungsverfahren. Umfasst sind beispielweise Verfahren nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz, nach dem Baugesetzbuch, nach dem Energiewirtschaftsgesetz, nach dem Telekommunikationsgesetz und nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz.
Von den Möglichkeiten des Planungssicherstellungsgesetzes werden dabei nicht nur Verfahren profitieren, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes begonnen werden. Das Gesetz soll vielmehr bereits für solche Verfahren gelten, die noch nicht abgeschlossen sind. Erforderlich ist in diesen Fall, dass ein bereits begonnener Verfahrensschritt wiederholt wird, wenn er nach den Regelungen des Planungssicherstellungsgesetzes durchgeführt werden soll.
Ortsübliche und öffentliche Bekanntmachung
Soweit eine Planungs- und Genehmigungsverfahren eine ortsübliche oder öffentliche Bekanntmachung durch einen Anschlag an der Amtstafel oder durch Einsichtnahme vorsieht, etwa für die Auslegung von Planungsunterlagen oder zu Erörterungsterminen, kann nach dem Entwurf des Planungssicherstellungsgesetzes eine Bekanntmachung durch eine Veröffentlichung im Internet erfolgen. Möglich ist dies, wenn die Bekanntmachungsfrist spätestens mit Ablauf des 31.03.2021 endet.
Zu beachten ist aber, dass eine alleinige Information über das Internet nicht ausreicht. Es muss außerdem durch eine parallele Bekanntmachung in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt oder einer örtlichen Tageszeitung sichergestellt werden, dass auch Personen ohne Internetzugang die Bekanntmachung zur Kenntnis nehmen können.
Auslegung von Unterlagen/Entscheidungen
Eine ähnliche Regelung ist im Planungssicherstellungsgesetz für die Auslegung von Unterlagen und Entscheidungen selbst vorgesehen. Soweit auf eine Auslegung nach den hierzu geltenden Vorschriften nicht ohnehin verzichtet werden kann, sieht das Planungssicherstellungsgesetz vor, dass die Auslegung durch eine Veröffentlichung im Internet ersetzt werden kann. Um die Unterlagen bzw. die Entscheidung im Internet barrierefrei zur Verfügung stellen zu können, kann die Behörde vom Vorhabenträger verlangen, diese in einem verkehrsüblichen Format (z.B. PDF) zur Verfügung zu stellen.
Auch hier ist sicherzustellen, dass Personen ohne Internetzugang Kenntnis von den Unterlagen bzw. Entscheidungen nehmen können. Hierzu kann die Behörde weiterhin die Unterlagen/Entscheidungen auslegen, wenn dies den Umständen nach möglich ist. Im Einzelfall kann es auch erforderlich sein, dass die Behörde Unterlagen per Post versendet. Denn verfassungs- und europarechtlich ist geboten, dass kein Teil der Öffentlichkeit von der Möglichkeit der Kenntnisnahme ausgeschlossen ist; anderenfalls wäre die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht gewährleistet.
Erörterungstermine, mündliche Verhandlungen und Antragskonferenzen
Soweit Erörterungstermine oder mündliche Verhandlungen nicht zwingend sind, sondern im Ermessen der Behörde stehen, kann diese bei ihrer Entscheidung die geltenden Beschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie und das Risiko der weiteren Ausbreitung des Virus berücksichtigen und auf die Durchführung des Termins (im Einzelfall) verzichten.
Können zwingende Erörterungstermine wegen der pandemiebedingten Risiken nicht unter zumutbaren Rahmenbedingungen durchgeführt werden, soll es künftig genügen, dass Bürger und Bürgerinnen an sogenannten Online-Konsultation teilnehmen. In diesem Verfahren werden den zur Teilnahme Berechtigten die benötigten Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt. Diese erhalten sodann die Möglichkeit zur Stellungnahme, die formlos per E-Mail erfolgen kann. Eingehende Stellungnahmen macht die Behörde den weiteren Beteiligten – wieder über das Internet – zugänglich. Eine Stellungnahme hierauf ist erneut möglich. Soll eine Online-Konsultation erfolgen, ist dies vorher bekannt zu machen.
Durchzuführende Antragskonferenzen (z.B. Scoping-Termin bei UVP-pflichtigen Vorhaben) kann die Behörde dadurch ersetzen, dass die Gelegenheit zur schriftlichen oder elektronischen Stellungnahme gegeben wird.
Erklärungen zur Niederschrift
Kann eine Erklärung in einem Planungs- oder Genehmigungsverfahren grundsätzlich zur Niederschrift bei einer Behörde erfolgen, so kann diese Option nun ausgeschlossen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um eine Erklärung handelt, die bis spätestens zum Ablauf des 31.03.2021 abzugeben ist und der Behörde die Entgegennahme zur Niederschrift nur mit unverhältnismäßigen Aufwand möglich wäre.
Als Alternative zur niederschwelligen Erklärung zur Niederschrift muss allerdings die Möglichkeit bestehen, Erklärungen (z.B. Stellungnahmen, Einwendungen) ohne formale Einschränkungen elektronisch abzugeben; beispielsweise per E-Mail.
Das Gesetzgebungsverfahren soll zügig durchgeführt werden. Der Bundestag soll den Gesetzesentwurf in der ersten Maihälfte beraten, die erforderliche Zustimmung des Bundesrats könnte am 15.05.2020 erteilt werden.