BGH, Beschluss vom 14.05.2025 – XII ZR 88/25
Mieter und Vermieter hatten sich auf eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen geeinigt, diese Vereinbarung jedoch nicht verschriftlicht. Danach verkaufte der Vermieter das Grundstück. Der Erwerber berief sich auf die fehlende Schriftform des befristeten Mietvertrags, kündigte das Mietverhältnis ordentlich und verlangte die Räumung.
Gegen den Räumungsanspruch wehrten sich die Mieter bis zum Bundesgerichtshof; dessen Nichtzulassungsbeschwerde blieb vor dem XII. Zivilsenat jedoch erfolglos; der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest:
Der Fall:
Die Beklagten waren seit März 2004 Mieter einer Gewerbefläche mit einer langfristigen Laufzeit. Im Mai 2012 schlug ein Berater der vormaligen Vermieter eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen um 100 € auf 200 € vor. Die Beklagten leisteten daraufhin regelmäßig den erhöhten Betrag. Die Kläger erwarben das Objekt im Jahr 2015/2016 und kündigten am 27.05.2021 das Mietverhältnis ordentlich zum 31.12.2021. Als Begründung führten sie an, das Mietverhältnis sei aufgrund der fehlenden Verschriftlichung der Nebenkostenvorauszahlungserhöhung insgesamt formfehlerhaft und daher gem. § 550 S. 1 BGB ordentlich kündbar.
Das LG Koblenz hatte die Räumungsklage zunächst abgewiesen: die Höhe der Nebenkostenpauschale stelle keine wesentliche Vertragsbedingung dar, die der Schriftform der § 550 BGB somit nicht unterliege. Das OLG Koblenz wiederum gab der Räumungsklage statt – die Revision wurde nicht zugelassen. Hiergegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.
Die Entscheidung:
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die in dem Fall aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung und lassen auch keinen Rechtsfortbildungsbedarf erkennen, weil sie auf der Grundlage der bereits ergangenen Rechtsprechung des BGH zweifelsfrei im Sinn der Entscheidung des OLG Koblenz zu beantworten sind:
Die Annahme, dass es sich bei der einvernehmlichen und dauerhaften Erhöhung der im Ursprungsmietvertrag vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen um eine wesentliche und damit dem gesetzlichen Schriftformerfordernis nach § 550 BGB unterliegende Vertragsänderung handelt, ist zutreffend und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Dieser hat bereits entschieden, dass eine Änderung der Miete unabhängig von ihrer relativen oder absoluten Höhe stets eine wesentliche und – jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann – dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallende Vertragsänderung darstellt (vgl. Senat NZM 2016, S. 98 Rn. 17 ff.).
Der § 550 BGB habe in erster Linie den Zweck, einen zukünftigen Erwerber des Mietobjekts vor wesentlichen, aber nicht verschriftlichen und somit potenziell unbekannten Vertragsänderungen zu schützen. Die Nebenkostenvorauszahlung sei Teil des Mietzinses, dessen genaue Höhe für den Erwerber vor dem Hintergrund der Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung bei Zahlungsverzug von großer Bedeutung sei. Die Höhe der Vorauszahlung sei somit ebenso eine wesentliche Vertragsbedingung wie die Höhe der Kaltmiete.
Auch ein etwaiger Rechtsmissbrauch stünde der Kündigung nicht entgegen. Grundsätzlich handelt nach § 242 BGB derjenige rechtsmissbräuchlich, welcher eine nachträglich getroffene und formwidrige Abrede, die lediglich für ihn vorteilhaft ist, zum Anlass nimmt, sich von einem ihm inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen. Der Erwerber des Grundstücks, der kraft Gesetzes (§ 566 Abs. 1 BGB) in die Vermieterstellung eingerückt ist, könne sich jedoch grundsätzlich auch dann auf den Formmangel des Mietvertrags berufen, wenn dies dem früheren Vermieter nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der Mieter nachweisen kann, dass Erwerber und früherer Vermieter kollusiv zu seinem Nachteil gehandelt haben. Ob hier überhaupt Rechtsmissbrauch beim Vorvermieter vorlag, lies der BGH offen.