Gewerberaummietrecht - OLG Dresden, Beschluss vom 06.03.2018 – 5 U 1613/18 | BGH, Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14

Schönheitsreparaturklauseln in Gewerbemietverträgen

Fachbeitrag
Immobilienwirtschaftsrecht

Nicht nur im Wohnraummietrecht, sondern auch bei Abschluss von Mietverträgen über Gewerberäume ist es üblich, Schönheitsreparaturen am Mietobjekt dem Mieter zu übertragen. Da es nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich Aufgabe des Vermieters ist, dem Mieter die Mietsache in einem gebrauchstauglichen Zustand zu übergeben und diesen Zustand während der gesamten Mietzeit aufrecht zu erhalten (§535 BGB), treffen nach dem sogenannten gesetzlichen Leitbild den Vermieter nicht nur Pflichten in Bezug auf Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache, sondern auch in Bezug auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Die Abwälzung der Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf dem Mieter stellt also eine Abweichung vom sogenannten gesetzlichen Leitbild da. Das gilt für Wohnraummietrecht und Gewerberaummietrecht gleichermaßen.

1. Immer dann, wenn Mietverträge sich als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) darstellen, stellt sich die Frage, in welchem Umfang Abweichungen von der gesetzlich geltenden Regelung unter Verwendung von AGB-Klauseln möglich sind. AGB liegen immer dann vor, wenn der Mietvertrags auf Grundlage eines handelsüblichen Vertragsmuster geschlossen wird oder auf Grundlage eines von einer Partei vorgegebenen („gestellten“) Vertragsmusters. Im Bereich des Wohnraummietrechts ist es in aller Regel der Vermieter, der sich einen Mustervertrag besorgt und ihn ausgefüllt dem Mieter zur Unterschrift vorlegt. Im Gewerberaummietrecht versuchen professionelle Vermieter mit entsprechend großem Immobilienbestand in aller Regel ebenfalls, von ihnen entwickelte Vertragsmuster gegenüber einem Mietinteressenten durchzusetzen. Das gilt typischerweise bei der Vermietung von Einzelhandels- oder Gastronomieflächen in Einkaufscentern. Es gibt allerdings auch marktstarke Mieter, insbesondere Betreiber von Filialketten, denen es möglich ist, ihre eigenen Musterverträge bei Vermietern durchzusetzen. Die Frage, ob Schönheitsreparaturklauseln AGB-rechtlich zulässig sind, stellt sich naturgemäß immer nur dann, wenn der Vermieter Verwender eines entsprechenden Vertragsmuster ist. Nur auf diese Konstellation beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen.
 

2. Im Zusammenhang mit der inhaltlichen Überprüfung von Schönheitsreparaturklauseln unter AGB-rechtlichen Aspekten ist bereits seit Jahren zu beobachten, dass der für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH Rechtsgrundsätze übernimmt, die von dem für das Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des BGH entwickelt wurden. Dies hat dazu geführt, dass speziell auch im Gewerberaummietrecht zahlreiche langjährig verwendete Klauselgestaltungen mittlerweile als AGB ungültig angesehen werden. Das betrifft namentlich die Vereinbarung sogenannter starrer Renovierungsfristen, des Weiteren Endrenovierungsklauseln und schließlich auch sogenannte Quotenabgeltungsklauseln. Dieser Rechtsprechungsentwicklung liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Mieter grundsätzlich stets nur für diejenige Verschlechterung der Mietsache durch Abnutzung haften soll, die von seinem eigenen Mietgebrauch während seiner Mietzeit ausgeht. Von diesem Grundgedanken zulasten des Mieters abweichende Regelungen werden als unangemessene Benachteiligung im Sinne des AGB-Rechts bewertet. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung stehen nunmehr Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand, die Fallkonstellationen betreffen, in denen die Mietsache sich bei Mietbeginn in einem unrenovierten oder zumindest teilweise renovierungsbedürftigen Zustand befindet.
 

3. Für Wohnraummietverhältnisse hat für solche Konstellationen der BGH in einem viel diskutierten Urteil aus März 2015 (BGH-Urteil vom 18.03.2015, VIII ZR 185/14) entschieden, dass die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter nur dann zulässig ist, wenn die Vertragsgestaltung im Übrigen Kompensationen dafür vorsieht, dass die Mietsache bei Mietbeginn sich nicht in einem vollständig neu renovierten Zustand befand. Eine solche Kompensation kommt überwiegend durch die Gewährung einer mietfreien Zeit bei Mietbeginn in Betracht, setzt aber voraus, dass wertmäßig die Kompensation in angemessener Höhe vereinbart wird. Das bringt nicht nur Bewertungsprobleme mit sich, sondern auch die Notwendigkeit, den Zustand der nicht vollständig frisch renovierten Mietsache in geeigneter Weise zu dokumentieren.
 

4. Rechtsprechung des für das Gewerberaummietrecht zuständigen XII. Zivilsenats zu dieser Konstellation liegt bislang nicht vor. Es ist aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch in diesem Punkt der BGH für das Gewerberaummietrecht, den für das Wohnraummietrecht entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen folgen wird. In diese Richtung weist die jüngst veröffentlichte Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 06.03.2018 – 5 U 1613/18), in der ausdrücklich ausgeführt wird, dass die vom BGH entwickelte Rechtsprechung für Wohnraummietverhältnisse auf Gewerberaummietverhältnisse zu übertragen ist.
 

5. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist abzusehen, dass es zu zahlreichen Gewerberaummietverhältnissen spätestens bei Mietende zu Meinungsverschiedenheiten über durchzuführende Schönheitsreparaturen kommen wird.
 

Darüber hinaus muss die sich abzeichnende Rechtssprechungsentwicklung bei der Vertragsgestaltung und bei Vertragsverhandlungen berücksichtigt werden – am besten dadurch, dass Schönheitsreparaturregelungen individuell ausgehandelt werden.

 

 

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