Schwerbehindertenrecht - BAG, Urteil vom 16.Mai 2019, 8 AZR 530/17

Schadenersatz wegen Ablehnung einer stufenweisen Wiedereingliederung

Fachbeitrag
Arbeitsrecht

Zum Ende einer längeren Arbeitsunfähigkeitsphase empfehlen die behandelnden Ärzte häufig eine stufenweise Wiedereingliederung des Arbeitnehmers, um diesen vorsichtig an die Arbeitsfähigkeit heranzuführen. In der Vergangenheit gingen die Arbeitsgerichte davon aus, dass Arbeitgeber nicht verpflichtet waren, dieser stufenweisen Wiedereingliederung zuzustimmen.

Das gilt aber nicht immer, wie das BAG deutlich macht: Der klagende Arbeitnehmer ist schwerbehindert. Am 12.10.2015 empfahl die Betriebsärztin eine stufenweise Wiedereinglie­derung mit bestimmten Einschränkungen in der Tätigkeit. Der behandelnde Arzt erstellte einen Wiedereingliede­rungsplan für den Zeitraum vom 16.11.2015 bis 15.01.2016. Dieser sah keine Einschränkungen in der Tätigkeit vor. Die Arbeitgeberin lehnte die Wiedereingliederung mit der Be­gründung ab, dass ein Einsatz wegen der in der betriebsärzt­lichen Beurteilung aufgeführten Einschränkung nicht mög­lich sei. Der Arbeitnehmer legte daraufhin einen zweiten Wiedereingliederungsplan für den Zeitraum 04.01. bis 04.03.2016 vor und den Bericht seiner behandelnden Ärztin, wonach Einschränkungen in der Tätigkeit nicht mehr bestan­den. Die Betriebsärztin gab nunmehr eine positive Beurtei­lung ab. Die zweite Wiedereingliederung war erfolgreich, so dass der Kläger im Anschluss wieder voll arbeitsfähig war.

Er forderte nun Ersatz der Vergütung, die ihm in der Zeit vom Ende des ersten Wiedereingliederungsplans am 18.01. bis zur Arbeitsfähigkeit am 07.03. entgangen war. Das LAG gab seiner Klage im Wesentlichen statt, die Revision der Arbeitgeberin hatte allerdings Erfolg. Zwar könne der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX a.F. (heute § 164 SGB IX) verpflichtet sein, an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung mitzuwirken. In diesem Fall hätten allerdings aufgrund der ursprünglichen Beurtei­lung der Betriebsärztin besondere Umstände vorgelegen, die Zweifel an der Geeignetheit des Wiedereingliederungs­plans aufwarfen. Diese hätten sich nicht bis zum Beginn der geplanten Maßnahme ausräumen lassen. Daher durfte der Arbeitgeber die Wiedereingliederung ablehnen.

Praxistipp

Das Urteil stützt sich auf eine Vorschrift, die nur für schwerbehinderte Arbeitnehmer gilt. Bei ihnen muss der Arbeitgeber Zweifel an einem Wiedereingliederungsplan durch eine Beauftragung des Betriebsarztes überprüfen, sofern das zeitlich möglich ist. Ob es auch bei Nicht-Schwerbehinderten Nachteile hat, wenn die Zustimmung grundlos verweigert wird, etwa bei einer späteren krankheitsbedingten Kündigung, bleibt abzuwarten.

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