Umsatzsteuergesetz

Neues vom EuGH zu Hotelfrühstück, Stadionbesuch und Praxisvermietung

Fachbeitrag
Steuerrecht

Wer viel geschäftlich unterwegs ist und übernachtet, wird schon einmal dem Problem der korrekten Abrechnung des im Zimmerpreis inkludierten Frühstücks begegnet sein. Hierzu ist an sich geregelt, dass im Falle einer Inkludierung des Frühstücks die Pauschale für Verpflegungsmehraufwand um 4,80 € zu kürzen ist. Je nach Preisklasse des auf Geschäftsreisen gebuchten Hotels handelte es sich bei diesem Pauschalabzug um einen guten oder weniger guten Deal. Seit der Änderung des Umsatzsteuerrechts in Deutschland gelten für verschiedene Hotelleistungen verschiedene Steuersätze. Während die eigentliche Übernachtungsleistung mit 7% zu versteuern ist, fällt auf gastronomische Leistungen eine Umsatzsteuer in Höhe von 19% an. Ist das Frühstück bereits im Zimmerpreis inkludiert, hat der Hotelier bisher den Zimmerpreis teils dem Steuersatz von 7% und teils dem Steuersatz von 19% unterworfen.
Für den Hotelier war hierbei naturgemäß von Interesse, einen möglichst hohen Teil der Rate mit 7% Umsatzsteuer zu belegen. Der abhängig Beschäftigte, der eine Erstattung seiner Hotelrechnung verlangen kann, hatte ebenfalls ein Interesse daran, dass der für ihn nicht erstattbare Betrag des Frühstücks möglichst gering ausfiel. Das Unternehmen, welches seinem Mitarbeiter die Hotelübernachtung zu erstatten hat, wird regelmäßig gegen einen möglichst hohen Betrag für das Frühstück nichts einzuwenden haben, da dieser dem Mitarbeiter nicht erstattet wird.

Reichweite der Problematik

Das vorgenannte Problem ist nicht nur auf Hotelübernachtungen anzuwenden, sondern es findet bei einer Reihe von unterschiedlichen Leistungen Anwendung. So kann es sich beispielsweise auch um Grundstücksüberlassungen zusammen mit Maschinen oder aber die Vermietung von Sportanlagen an Unternehmer handeln. Besondere Bedeutung erlangt bei Leistungsempfängern wie Ärzten, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Werden beispielsweise Praxisräume mit Inventar überlassen, fallen auf den Teil der Raumnutzung keine Umsatzsteuern an, auf den Teil des Inventars sind jedoch Umsatzsteuern abzuführen. es handelt sich hierbei regelmäßig für den Mieter um echte Mehrkosten.

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Das Thema wurde nunmehr wieder durch eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofs (EuGH) behandelt. In dem Urteil vom 18.01.2018 (Az. c-463/16) ging es um einen Fall aus den Niederlanden, genauer gesagt um die Stadiongesellschaft von Ajax Amsterdam. Konkret bot die Gesellschaft Besichtigungstouren durch die Amsterdam-Arena an, welche aus einem geführten Stadionrundgang sowie einem Besuch des Museums des Fußballclubs bestanden. Gezahlt wurde hierfür durch die Teilnehmer ein einheitliches Entgelt.

Derjenige Preisbestandteil für den Stadionrundgang wurde jedoch mit dem Regelsteuersatz belegt, der Museumsbesuch nur mit einem ermäßigten Steuersatz. Das oberste Gericht der Niederlande stellte hieraufhin die Frage an den EuGH, ob eine solche Aufteilung unionsrechtlich zulässig ist. Der EuGH hat dies verneint, da eine einheitliche Leistung nicht unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen könne. Der anzuwendende Steuersatz müsse sich hierbei nach dem Hauptbestandteil richten. Dies gelte auch dann, wenn sich für jeden Bestandteil der einheitlichen Leistung ein Preis bestimmen lässt. Zur Abgrenzung hat der EuGH festgestellt, dass immer dann eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung vorliegt, wenn sie für den Kunden keinen eigenen Zweck, sondern lediglich ein Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. im konkreten Fall sah der EuGH den geführten Stadionrundgang als Hauptbestandteil und den Museumsbesuch als Nebenbestandteil an.

Im Falle einer Übernachtung mit Frühstück dürfte es auf der Hand liegen, dass die Übernachtung den Hauptbestandteil und das Frühstück lediglich einen Nebenbestandteil darstellt. Laut EuGH bedeutet die Einstufung als einheitliche Leistung, dass der Umsatz ein und demselben Steuersatz unterliegen muss, da nur so die künstliche Aufspaltung einer Leistung verhindert und die Funktionalität des Umsatzsteuersystems bewahrt werden kann.

Folgen

Die Entscheidung des EuGH dürfte erhebliche Folgen für das deutsche Umsatzsteuersystem haben. Im deutschen Umsatzsteuerrecht gilt prinzipiell der Grundsatz des Aufteilungsgebots, wonach eine einheitliche Leistung bei unterschiedlichen Steuersätzen aufzuteilen ist. Von Bedeutung sind insbesondere die Vorschriften der § 4 Nr. 12 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) (Grundstücksüberlassung und Betriebsvorrichtungen), § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG (Übernachtungsleistungen und Nebenleistungen wie Frühstück oder Parkplatz) sowie Abschnitt 4.12.11 Abs. 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) (Grundstücksüberlassung und Vermietung von Betriebsvorrichtungen im Falle einer Sportanlage). Bei einer Reihe von Fällen wird es zu Vereinfachungen und teils auch Vorteilen für Unternehmen kommen. Werden beispielsweise Praxisräume nebst Dienstleistungen an einen Arzt überlassen, dürfte zukünftig die Chance bestehen, die gesamte Leistung steuerfrei zu stellen, was aufgrund der regelmäßig fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung auf Seiten des Arztes einen Vorteil darstellt.

Aufzupassen ist jedoch, dass nicht jede auf den Blick einheitliche Leistung tatsächlich eine solche im Sinne des Steuerrechts ist. So handelt es sich beispielsweise nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums beim Verkauf von Speisen mit Getränk oder Büchern mit eBooks zu einem einheitlichen Verkaufspreis nicht um eine einheitliche Leistung. In diesen Fällen wäre nach wie vor ein unterschiedlicher Steuersatz anzuwenden. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob der Gesetzgeber klare und mit dem Unionsrecht vereinbare Regelungen schafft. es ist jedenfalls absehbar, dass es hiernach auch in Zukunft zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen wird und nicht damit zu rechnen ist, dass sämtliche Fragen in diesem Zusammenhang zügig zu klären sind.

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