Sachverhalt
Dem Urteil lag ein Vertragsverletzungsverfahren zugrunde, das die EU-Kommission bereits im Jahr 2015 gegen die Bundesrepublik Deutschland angestoßen hatte. Gegenstand waren die in der HOAI vorgesehenen Mindest- und Höchsthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren. Nach Ansicht der Kommission verstießen diese gegen die Vorgaben der europäischen Dienstleistungsrichtlinie. Nachdem die Bundesrepublik der Forderung der Kommission zur Änderung der Vorschriften nicht nachkam, legte die Kommission Klage beim EuGH ein.
Entscheidung
Der EuGH gab der Kommission in den erwähnten Punkten Recht und bestätigte die Europarechtswidrigkeit der gesetzlich normierten Honorare. Preise für eine bestimmte Leistung könnten nur unter den Voraussetzungen des Art.15 Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie gesetzlich vorgegeben werden. Dazu zählten die Diskriminierungsfreiheit, das Vorliegen eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses sowie die Verhältnismäßigkeit. Die von der Bundesrepublik unter anderem angeführten Aspekte der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes könnten als zwingende Gründe des Allgemeininteresses angesehen werden. Auch könnten diese grundsätzlich durch die Festsetzung von Honoraren erreicht werden, da durch die Vermeidung eines Preiskampfes einem Qualitätsverlust vorgebeugt werde. Zudem würde dadurch der Informationsasymmetrie Rechnung getragen, da Kunden mangels vorhandener Fachkenntnisse nicht in der Lage seien, die Qualität der erbrachten Leistungen zu beurteilen.
Die Regelungen seien in ihrer Gesamtheit jedoch nicht geeignet, die ausgewiesenen Ziele tatsächlich zu erreichen. Die Erbringung von Planungsleistungen sei in Deutschland nicht bestimmten Berufsständen vorbehalten, sodass neben Architekten und Ingenieuren auch nicht reglementierte Dienstleistungsanbieter diese Planungsleistungen durchführten könnten. Da letztere nicht zwingend eine fachliche Eignung nachgewiesen haben, könne das Ziel der in der HOAI festgelegten Honorarsätze – die Qualitätssicherung – nicht erreicht werden. Die Höchst- und Mindestsätze seien demnach unverhältnismäßig, sodass ein Verstoß gegen die Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie anzunehmen sei.