Vergaberecht - EuGH, Urt. v. 04.07.2019 – C-377/17

Mindest- und Höchstsätze der HOAI verstoßen gegen Europarecht!

Fachbeitrag
Kartellrecht, Vergaberecht und Beihilferecht

Die Vorschriften der HOAI, nach denen Honorare für Architekten und Ingenieure in einem gesetzlich vorgeschriebenen Bereich liegen müssen, verstoßen nach Ansicht des EuGH gegen europarechtliche Bestimmungen. Die beanstandeten Normen müssen nun geändert werden.

Sachverhalt

Dem Urteil lag ein Vertragsverletzungsverfahren zugrunde, das die EU-Kommission bereits im Jahr 2015 gegen die Bundesrepublik Deutschland angestoßen hatte. Gegenstand waren die in der HOAI vorgesehenen Mindest- und Höchsthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren. Nach Ansicht der Kommission verstießen diese gegen die Vorgaben der europäischen Dienstleistungsrichtlinie. Nachdem die Bundesrepublik der Forderung der Kommission zur Änderung der Vorschriften nicht nachkam, legte die Kommission Klage beim EuGH ein.

Entscheidung

Der EuGH gab der Kommission in den erwähnten Punkten Recht und bestätigte die Europarechtswidrigkeit der gesetzlich normierten Honorare. Preise für eine bestimmte Leistung könnten nur unter den Voraussetzungen des Art.15 Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie gesetzlich vorgegeben werden. Dazu zählten die Diskriminierungsfreiheit, das Vorliegen eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses sowie die Verhältnismäßigkeit. Die von der Bundesrepublik unter anderem angeführten Aspekte der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes könnten als zwingende Gründe des Allgemeininteresses angesehen werden. Auch könnten diese grundsätzlich durch die Festsetzung von Honoraren erreicht werden, da durch die Vermeidung eines Preiskampfes einem Qualitätsverlust vorgebeugt werde. Zudem würde dadurch der Informationsasymmetrie Rechnung getragen, da Kunden mangels vorhandener Fachkenntnisse nicht in der Lage seien, die Qualität der erbrachten Leistungen zu beurteilen.

Die Regelungen seien in ihrer Gesamtheit jedoch nicht geeignet, die ausgewiesenen Ziele tatsächlich zu erreichen. Die Erbringung von Planungsleistungen sei in Deutschland nicht bestimmten Berufsständen vorbehalten, sodass neben Architekten und Ingenieuren auch nicht reglementierte Dienstleistungsanbieter diese Planungsleistungen durchführten könnten. Da letztere nicht zwingend eine fachliche Eignung nachgewiesen haben, könne das Ziel der in der HOAI festgelegten Honorarsätze – die Qualitätssicherung – nicht erreicht werden. Die Höchst- und Mindestsätze seien demnach unverhältnismäßig, sodass ein Verstoß gegen die Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie anzunehmen sei.

Praxistipp

Der EuGH hat in seinem Urteil nicht die HOAI in Gänze als europarechtswidrig eingestuft. Lediglich die Vorschriften über die Höchst- und Mindestsätze sind betroffen und müssen vom deutschen Gesetzgeber neu gefasst werden. Bis zur Implementierung neuer Vorschriften behalten die bisherigen Regelungen der HOAI zwar ihre Gültigkeit, jedoch sind die Gerichte bereits jetzt, vor Erlass einer geänderten Norm, gehalten, sich an das EuGH-Urteil zu halten. Das Bundeswirtschaftsministerium erließ daher bereits ein Rundschreiben, dass auch öffentliche Auftraggeber die für europarechtswidrig erklärten Normen nicht mehr anwenden dürfen. 

Bestehende Verträge, die auf die Vergütungsvorschriften der HOAI verweisen, werden durch das Urteil nicht berührt. Verträge, die eine Vergütung außerhalb des in der HOAI vorgesehenen Rahmens beinhalten, können nun nicht mehr mit Verweis auf die Mindest- und Höchstsätze angegriffen werden. Für den Abschluss künftiger Verträge über Planungsleistungen, insbesondere auch in laufenden Vergabeverfahren, ergeben sich beiderseitig neue Spielräume, da das Honorar nun einer gänzlich freien Verhandlung offensteht. Entscheidend wird es somit auf eine konkrete vertragliche Vereinbarung des Honorars bzw. auf die Ausgestaltung eines Vergabeverfahrens ankommen.

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