Öffentliches Baurecht

Kein Vertrauensschutz bei faktischer Duldung eines Bauwerkes

Fachbeitrag
Immobilienwirtschaftsrecht

VGH München, Beschluss vom 11.11.2019, 1 ZB 19.1449: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München hat klargestellt, dass die rein faktische Duldung eines baurechtswidrigen Bauwerkes keinen Vertrauensschutz begründet und die Rechtsprechung hohe Anforderungen an eine Duldungszusage stellt.

Im dem zu entscheidenden Rechtstreit ging es um den Umbau und die Erweiterung einer in den 50er Jahren genehmigten Berghütte. Die Klägerin hatte diese Baumaßnahmen ohne Baugenehmigung durchgeführt, nachdem der Bauamtsleiter angeblich folgendes geäußert hatte:

„Machen Sie, was Sie wollen. Der Berg ist eh voll mit ungenehmigten Problemhütten. Ich weiß von nichts“.

Infolgedessen hatte die Klägerin die mehrjährigen umfangreichen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt. Nachdem die Baubehörde davon Kenntnis erlangte, dass aus der ehemals kleinen Hütte ein Wochenendhaus entstanden war, verpflichtete sie die Klägerin zur vollständigen Beseitigung des Bauwerkes, da dieses ohne die erforderliche Genehmigung errichtet worden sei. Gegen diese Beseitigungsverfügung
legte die Klägerin Klage ein und machte unter anderem geltend, dass sie aufgrund der Äußerungen des Bauamtsleiters Vertrauensschutz genieße und das Gebäude bestandsgeschützt sei.

Ohne Erfolg! Der VGH München folgte der Argumentation der Klägerin nicht. Die zitierten Äußerungen des Bauamtsleiters seien auch bei Wahrunterstellung nur auf Sanierungsmaßnahmen am alten Gebäude bezogen gewesen und hätten keinen Umbau in ein Wochenendhaus erfasst. Darüber hinaus könnten die Äußerungen keinen Vertrauensschutz für ein Nichteinschreiten gegen neu errichtete Gebäude begründen. Dafür sei eine aktive Duldung erforderlich. Die Behörde müsse in Kenntnis der Rechtswidrigkeit eines Vorhabens aktiv zu erkennen geben, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenke. Demgegenüber hätten die Äußerungen des Bauamtsleiters nur ein „Wegschauen“ suggeriert, das für ein aktives Tun nicht ausreiche. Wer ohne Genehmigung ein Gebäude errichte, habe auch das Risiko einer baurechtswidrigen Ausführung und das Risiko einer späteren Beseitigung des Bauwerks zu tragen. 

Das Argument der Klägerin, die Berghütte genieße Bestandsschutz, ließ der VGH München ebenfalls nicht gelten. Ein Bestandsschutz sei durch die umfangreichen baulichen Maßnahmen entfallen, denn der Umbau der Berghütte zu einem Wochenendhaus komme praktisch einem Neubau gleich.

Praxistipp

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass das schlichte Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens (sog. „faktische“ oder „passive“ Duldung) gegen ein baurechtswidriges Bauwerk nicht genügt, um  Vertrauensschutz zu begründen. Dieser Grundsatz findet sich auch in einer Vielzahl anderer Urteile. Dass nach Ansicht des VGH München selbst die Aussage „Machen Sie, was Sie wollen“ nicht genügt, um einen Vertrauenstatbestand zu begründen, unterstreicht die hohen Anforderungen an eine Duldungszusage. Im Grunde genommen beharrt die Rechtsprechung hier auf dem Bestehen schriftlicher Zusicherungen. 

Von einer Duldungszusage wird man daher nur in den seltensten Fällen ausgehen können. 

Zudem zeigt der Fall anschaulich, dass Bauherren vorsichtig mit Umbauten an genehmigtem Gebäuden umgehen sollten. Bei zu umfangreichen Sanierungen besteht das Risiko, den Bestandsschutz zu verlieren, was zu einer Abrissverfügung führen kann.

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