Die bisherige Praxis
Nach ständiger Rechtsprechung ist die von den Parteien des Kaufvertrages vereinbarte Aufteilung des Kaufpreises grundsätzlich auch für steuerliche Zwecke anzuerkennen. Dies gilt jedoch nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Vereinbarung nicht der wirklichen Vorstellung der Parteien entspricht. Davon sei auszugehen, wenn die vereinbarte Kaufpreisaufteilung
„die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint".
Dies haben die Finanzverwaltung und auch die Finanzgerichte bisher häufig mithilfe einer sog. Arbeitshilfe überprüft, diedas Bundesfinanzministerium online zur Verfügung stellt. Wurde die von den Parteien vereinbarte Aufteilung aufgrund einer zu deutlichen Abweichung von dem mittels der Arbeitshilfe ermittelten Wert als nicht bindend angesehen, wurde in der Regel zugleich der mittels der Arbeitshilfe ermittelte Wert der für die Besteuerung herangezogen. In einer aktuellen Entscheidung (v. 21.07.2020 – IX R 26/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) diese Praxis jedoch für unzulässig erklärt, was nicht unerhebliche Auswirkungen auf künftige Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Bestimmung der Kaufpreisaufteilung bei Immobilientransaktionen haben dürfte.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes
Im vom BFH entschiedenen Fall hatten die Parteien des Kaufvertrages eine Aufteilung des Kaufpreises vereinbart, die nach Ansicht des BFH trotz der vorgebrachten Begründung wirtschaftlich nicht haltbar war – mehr als 80% des Kaufpreises sollten auf das Gebäude entfallen.
In seiner Entscheidung betont der BFH zunächst noch einmal, dass die im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisaufteilung grundsätzlich auch für ertragsteuerliche Zwecke heranzuziehen ist. Dies gelte auch in Anbetracht des Umstandes, dass dem Käufer regelmäßig daran gelegen ist, dass ein möglichst hoher Teilbetrag auf das Gebäude entfällt, während dies für den Verkäufer typischerweise völlig unerheblich ist – er also keinen Grund hat, dem Anliegen des Käufers entgegenzuwirken.
Es sei jedoch stets zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der von den Vertragsparteien vorgenommenen Aufteilung bestehen. Eine wesentliche Abweichung vom Bodenrichtwert etwa stelle dabei nur ein Indiz dar, das durch anderweitige Indizien widerlegt werden könne. Die Prüfung könne dagegen insbesondere anhand von am Markt erzielbaren Preisen erfolgen. Letztlich seien aber stets die Gesamtumstände im Einzelfall aufzuklären (z.B. unmittelbare Nachbarschaft zu Störfaktoren wie besonderen Gebäuden, besondere Ausstattungsmerkmale etc.).
Kann die vereinbarte Kaufpreisaufteilung danach nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, seien der Wert von Gebäude und Grund und Boden getrennt zu ermitteln und diese Werte sodann zueinander ins Verhältnis zu setzen. Dabei sei gem. § 8 Abs. 1 S. 2 ImmoWertV eine im Einzelfall geeignete Bewertungsmethode zu wählen und diese Wahl zu begründen.
Die Mängel der Arbeitshilfe des BMF
Das Finanzgericht hatte in erster Instanz schlicht die Arbeitshilfe des BMF herangezogen. Diese wird den vorgenannten Anforderungen jedoch nach Ansicht des BFH (jedenfalls im entschiedenen Fall) nicht gerecht.
Dies gelte schon für die Auswahl eines im Einzelfall geeigneten Bewertungsverfahrens. Die Anwendung der Arbeitshilfe führt nach dem BFH dazu, dass letztlich stets ein vereinfachtes Sachwertverfahren zur Anwendung komme, sodass von vorneherein nur ein einziges Bewertungsverfahren in Betracht gezogen werde. Eine am Einzelfall orientierte Auswahl sei damit gerade nicht möglich. Das Ergebnis werde ferner nicht einmal mittels weiterer Verfahren verplausibilisiert und eine Begründung für die Wahl der Methode fehle ebenfalls. Außerdem sei auch die Berechnungsmethode, die der Arbeitshilfe zugrunde liegt, in sich fehlerhaft. Insbesondere enthalte sie hinsichtlich des Gebäudewerts keinen „Ortsbzw. Regionalisierungsfaktor“. Örtlich (und insbesondere in Ballungsräumen) erhöhte Baukosten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt fänden damit keine Berücksichtigung, während der Grundstückswert anhand des konkreten Bodenrichtwertes – also unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten – ermittelt werde. Dies könne zu einer unzutreffenden und für den Steuerpflichtigen nachteiligen Wertermittlung und Kaufpreisaufteilung führen.
Fehle es an anderen Wertermittlungsgrundlagen müsse der korrekte Wert von Gebäude sowie Grund und Boden daher durch das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen ermittelt werden. Einer zu erwartenden Folgefrage vorgreifend weist der BFH darauf hin, dass das Gutachten eines Bausachverständigen der Finanzverwaltung diese Anforderungen grundsätzlich nicht erfülle. Dieses könne vielmehr nur dann herangezogen werden, wenn weder das Finanzamt noch der Steuerpflichtige substantiierte Einwendungen dagegen vorbrächten.