Steuerrecht

Grunderwerbsteuer: Neuregelung für Share-Deals

Fachbeitrag
Immobilienwirtschaftsrecht

Bereits zum 01.07.2021 tritt eine erst kürzlich beschlossene, wichtige Reform der Grunderwerbsteuer im Bereich sog. Share-Deals in Kraft. Der Gesetzgeber will damit ein „Steuerschlupfloch“ schließen, das bisher dazu führte, dass die Grunderwerbsteuer mitunter durch die Wahl bestimmter (gesellschafts-)rechtlicher Gestaltungen vermieden werden konnte.

Bei Share-Deals werden nicht einzelne Wirtschaftsgüter – wie etwa ein Grundstück – übertragen, sondern es werden Anteile („Shares“) an einer Gesellschaft veräußert. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich völlig alltäglich und kann aus einer Vielzahl von (insbesondere auch außersteuerlichen) Gründen empfehlenswert sein. Von der Reform werden daher nicht nur Gestaltungen zur Steuervermeidung, sondern auch eine Vielzahl unternehmensinterner Umstrukturierungen, hinter denen keine (grunderwerb-)steuerliche Motivation steckt, betroffen sein.

Die Möglichkeiten, mittels eines Share-Deals (auch) die Grunderwerbsteuer zu vermeiden, werden durch die Reform nun jedoch reduziert bzw. an strengere Voraussetzungen geknüpft. Zugleich wird die bisher unterschiedliche Rechtslage bei Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften zum Teil angeglichen.

Personengesellschaften

Gehört eine Immobilie zum Vermögen einer Personengesellschaft (etwa einer GbR, OHG oder KG), ging man – wenn eine grunderwerbsteuerliche Optimierung beabsichtigt war – bisher häufig so vor, dass der Erwerber zunächst maximal 94,9 % der Anteile an der Personengesellschaft erwarb. Nach Ablauf von mindestens 5 Jahren wurden sodann die weiteren mindestens 5,1 % der Anteile durch den Erwerber selbst oder einen Dritten erworben. Hierdurch konnte eine Belastung mit Grunderwerbsteuer minimiert oder sogar vollständig vermieden werden.

Nach der Reform des Grunderwerbsteuergesetzes funktioniert diese Gestaltung künftig nur noch, wenn im ersten Schritt maximal 89,9 % der Anteile an der Personengesellschaft erworben werden und vor dem Erwerb weiterer Anteile durch eine dritte Person mindestens 10 Jahre vergehen. Will der Erwerber selbst auch die übrigen mindestens 10,1 % der Anteile erwerben, muss er damit künftig sogar 15 Jahre warten.

Dies bedeutet aber zugleich auch, dass (grundsätzlich) Grunderwerbsteuer anfällt, wenn mindestens 90 % der Anteile an einer Personengesellschaft – aus welchem Grund auch immer – innerhalb von 10 Jahren auf neue Gesellschafter übergehen. Bisher geschah dies nur, wenn mindestens 95 % der Anteile innerhalb von 5 Jahren auf neue Gesellschafter übergingen.

Kapitalgesellschaften

Für Kapitalgesellschaften (etwa GmbHs, UGs, AGs) galt die soeben erläuterte „Wartezeit“ bisher nicht. Vielmehr war es für einen Erwerber möglich, bis zu 94,9 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft, zu deren Vermögen eine Immobilie gehört, zu erwerben, ohne dass hierdurch Grunderwerbsteuer ausgelöst wurde. Darüber hinaus konnten die restlichen Anteile (zeitgleich) durch eine weitere Person – häufig einen sog. Co-Erwerber – erworben werden. Eine Möglichkeit, auch diese weiteren Anteile später steuerreduziert oder gar steuerfrei auf den Haupterwerber zu übertragen bestand jedoch nicht. Diese weitere Übertragung hätte vielmehr Grunderwerbsteuer hinsichtlich sämtlicher Anteile ausgelöst.

Hier bleibt es dabei, dass ein vollständiger Erwerb der Anteile durch einen einzigen Erwerber auch in Zukunft unabhängig von einer Wartefrist nicht möglich sein wird. Verschärft wird die Regelung jedoch dahingehend, dass künftig schon ein Erwerb von mindestens 90 % der Anteile Grunderwerbsteuer auslöst. Außerdem kommt eine Regelung hinzu, wonach (wie bei den Personengesellschaften) Grunderwerbsteuer anfällt, wenn mindestens 90 % der Anteile innerhalb von 10 Jahren auf neue Gesellschafter übergehen – auch insofern gibt es keine Wartefrist, nach deren Ablauf die weiteren Anteile steuerunschädlich durch den Erwerber oder einen Dritten erworben werden könnten.

Eine wesentliche Einschränkung dieser Regelungen beinhaltet jedoch der ebenfalls neu eingeführte § 1 Abs. 2c GrEStG. Hierbei handelt es sich um die sog. Börsenklausel. Danach bleiben bei der Ermittlung des Prozentsatzes der übertragenen Anteile (90 %-Grenze) solche Übergänge von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft unberücksichtigt, die über eine Wertpapierbörse erfolgt sind.

Übergangsregelungen

Wie bereits eingangs erwähnt, tritt die gesetzliche Neuregelung bereits zum 01.07.2021 in Kraft. Sie sieht zudem recht komplexe Übergangsvorschriften vor, die gerade in den kommenden Jahren zu einem erhöhten Prüfungsbedarf und dem Erfordernis einer genauen Differenzierung zwischen den verschiedenen gesetzlich geregelten Konstellationen führen werden. So ist es u.a. möglich, dass für bestimmte in der Vergangenheit erfolgte Übertragungen von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften die bisherige gesetzlich Regelung noch über einen immensen Zeitraum hinweg fort gilt.

 

Praxistipp

Bedeutung für die Praxis

Gerade in den kommenden Jahren wird daher bei der Übertragung von Anteilen an Gesellschaften, die über Grundvermögen verfügen, stets im Einzelfall zu prüfen sein, ob und ggf. welche steuerlichen Folgen hierdurch ausgelöst werden. Da bei mehrstufigen Beteiligungen (etwa im Falle von Konzernstrukturen) zudem künftig auch nur mittelbare Beteiligungen zu berücksichtigen sein können, die bis zu 15 Jahre zurückliegen, kann sich hier ein immenser Prüfungsaufwand ergeben. Gesellschaften, die über Grundvermögen verfügen, werden zudem jede (auch mittelbare) Veränderung in ihrer Gesellschafterstruktur genau nachverfolgen müssen, um das versehentliche Auslösen von Grunderwerbsteuer zu vermeiden.

Bei unternehmensinternen Umstrukturierungen wird zudem das sog. „Konzernprivileg“ des § 6a GrEStG – dessen Schwellenwerte und Haltefristen nicht verändert wurden – verstärkt in den Fokus rücken. Nähere Informationen hierzu finden Sie in unserem UPDATE Immobilienwirtschaftsrecht aus dem Oktober 2020.

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