BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen
Die BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen wurden mit Durchführungsbeschluss 2017/1442 der Kommission am 17.08.2017 veröffentlicht. Nach Art. 21 Abs. 3 der Industrieemissionsrichtlinie – IE-RL (Richtlinie 2010/75/EU) stellt die zuständige Behörde innerhalb von vier Jahren nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen – das heißt hier bis zum 17.08.2021 – sicher, dass alle Genehmigungsauflagen der betreffenden Anlage überprüft und erforderlichenfalls auf den neuesten Stand gebracht werden und dass die betreffende Anlage die Genehmigungsauflagen dann auch einhält. In Deutschland ist zudem ein besonderer Umsetzungsprozess vorgesehen. Der Verordnungsgeber ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen verpflichtet, die maßgebenden Rechtsverordnungen anzupassen (§ 7 Abs. 1a BImSchG), so dass im Anschluss den Anlagenbetreibern 3 Jahre Zeit für die ggf. erforderliche Umrüstung ihrer Anlagen bleibt.
Dementsprechend werden gerade die Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen (13. BImSchV) sowie die Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen (17. BImSchV) neugefasst. Die gesetzlich vorgeschriebene Einjahresfrist zur Anpassung dieser Rechtsverordnungen ist weit überschritten; sie lief am 17.08.2018 ab. Doch ausgerechnet am Tag nach der Nichtigerklärung der BVT-Schlussfolgerungen durch das EuG hat der Bundestag der Novelle der beiden Verordnungen zugestimmt. Die Novelle muss noch durch den Bundesrat.
Inhalt des EuG-Urteils
Allein aus einem formalen Grund erklärt das EuG die BVTSchlussfolgerungen gem. Art. 264 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) für nichtig.
Einer der Streitpunkte zwischen der Republik Polen als Klägerin und der EU-Kommission als Beklagter war die formale Frage, ob die BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten zustande gekommen waren. Polen berief sich auf die Übergangsvorschrift in Art. 16 Abs. 5 AEUV in Verbindung mit Art. 3 des Protokolls Nr. 36, weshalb die qualifizierte Mehrheit nach den Vorschriften des Vertrags von Nizza hätte bestimmt werden müssen. Die Kommission argumentierte hingegen, die Übergangsvorschrift sei nicht anwendbar und die BVT-Schlussfolgerungen seien richtigerweise mit der allein erforderlichen qualifizierten Mehrheit nach Art. 16 Abs. 4 AEUV angenommen worden. Das EuG gab Polen Recht. Aufgrund des rechtzeitig gestellten Antrags durch die Republik Polen war (und ist), so das EuG, die Übergangsvorschrift anwendbar und es sei (nur) die qualifizierte Mehrheit auf der Grundlage des Vertrags von Nizza notwendig gewesen.
Mit den inhaltlichen Einwänden Polens, z.B. gegen die BVTassoziierten Emissionswerte für Stickoxid, Quecksilber oder Chlorwasserstoff, musste sich das EuG nicht mehr beschäftigen.
Ferner ordnete das EuG auf der Grundlage von Art. 264 Abs. 2 AEUV an, dass die Wirkungen der BVT-Schussfolgerungen solange als fortgeltend zu betrachten sind, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die zwölf Monate ab Verkündung des Urteils nicht überschreiten darf, neue BVT-Schlussfolgerungen in Kraft treten. Die Anordnung dieser Fortgeltung begründet das EuG u.a. mit der ansonsten entstehenden Rechtsunsicherheit für Anlagenbetreiber. Die Rechtseinheitlichkeit soll gewahrt werden. Das EuG geht davon aus, dass bereits viele Anlagen in der Europäischen Union den Anforderungen der nun für nichtig erklärten BVT-Schlussfolgerungen entsprechen, da die BVT-Schlussfolgerungen seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 2017 als Referenzdokument für die Festlegung von Genehmigungsauflagen dienen (vgl. Art. 14 Abs. 3 IE-RL).
Das EuG weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass eine qualifizierte Mehrheit im Sinne des Vertrags von Nizza erforderlich ist, wenn die BVT-Schlussfolgerungen erneut vom auf EU-Ebene zuständigen Ausschuss nach Art. 75 IE-RL angenommen werden.