Entscheidung
Die Entscheidung setzt die Entscheidungen des OLG Frankfurt (11 Verg 4/18) und des OLG Düsseldorf (VII Verg 27/09) fort und billigt dem Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Abwägung zugunsten einer Gesamtvergabe zu.
Die los Weise Vergabe ist zwar die Regel und dient damit dem Schutz mittelständischer Interessen. Die Gesamtvergabe kann jedoch im Einzelfall ausnahmsweise vergaberechtlich zulässig sein. Nicht ausreichend dafür ist die bloße Benennung von anerkennenswerten Gründen. Nötig ist im Einzelnen eine Auseinandersetzung mit dem grundsätzlichen Gebot der Fachlosvergabe und den im konkreten Fall dagegensprechenden Gründen. Sodann ist eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange zu treffen und zu dokumentieren.
Hier steht dem Auftraggeber nach Ansicht des OLG München ein Beurteilungsspielraum dahingehend zu, ob – auftragsbezogene – technische oder wirtschaftliche Gründe es erfordern, von der Bildung von Fachlosen abzusehen. Da es sich dabei um komplexe Beurteilungen handeln kann, ist dem Auftraggeber ein entsprechender Spielraum zuzubilligen, der auch die Einschätzung konkreter projektbezogener Risikopotentiale umfasst. Die Entscheidung des Auftraggebers für eine Gesamtlosvergabe ist durch die Nachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Fehlbeurteilung, namentlich auf Willkür, beruht.
Grundsätzlich vermag ebenso wenig wie ein erhöhter Koordinierungsaufwand die Vermeidung von „Gewährleistungsschnittstellen“ bzw. von Problemen bei der Mängelbeseitigung eine Gesamtvergabe zu rechtfertigen. Etwas anders gilt jedoch, wenn diese Gründe mit konkret projekt- bzw. auftragsbezogenen Gründen einhergehen. So auch im zu entscheidenden Fall: Um die Sicherheit der JVA zu verbessern, durfte besonderer Wert auf die Systemsicherheit bzw. Verfügbarkeit der Anlage gelegt werden. Die Ausführungen des Auftraggebers erschöpften sich hier nicht in allgemeinen Erwägungen. Er hat vielmehr konkret und projektbezogen dargelegt, dass für Einzelarbeiten der komplexen Sicherheitsanlage keine Fachlose gebildet werden können, ohne die Funktionsweise der Gesamtleistung zu gefährden. Für diese Feststellung bediente der Auftraggeber sich eines Sachverständigen. Die Systemsicherheit der Überwachungsanlage ist ein nachvollziehbarer technischer Grund im Sinne des § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB.