Mietrecht: Urteile vom 8. Juli 2020 - VIII ZR 163/18 – und – VIII ZR 72/ 18 –

BGH: Schönheitsreparaturpflicht des Vermieters bei AGB widrigen Schönheitsreparaturklauseln

Fachbeitrag
Immobilienwirtschaftsrecht

Bereits 2015 (Urteil vom 18.03.2015 - VIII ZR 185/14 -) hielt der Bundesgerichtshof fest, dass die vertragliche Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung AGB unwirksam ist, wenn der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich für die Renovierungspflicht bietet, beispielsweise ein Monat mietfrei.

Diese Entscheidung bekräftigend entschied der Bundesgerichtshof nunmehr, dass ein Mieter, dem eine unrenovierte Wohnung als vertragsgemäß überlassen wurde und auf den die Schönheitsreparaturen nicht wirksam abgewälzt wurden, vom Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen kann, wenn eine wesentliche Verschlechterung des Dekorationszustandes eingetreten ist. Allerdings hat sich der Mieter in diesem Fall nach Treu und Glauben an den hierfür anfallenden Kosten zu beteiligen, weil die Ausführung der Schönheitsreparaturen zu einer Verbesserung des vertragsgemäßen (unrenovierten) Dekorationszustandes der Wohnung bei Mietbeginn führt. In den beiden nun entschiedenen Fällen forderte der jeweilige Mieter seinen Vermieter auf, Tapezier- und Anstricharbeiten, bzw. näher definierte Renovierungsmaßnahmen durchzuführen. 

Beide Mietverträge enthielten AGB unwirksame Schönheitsreparaturklauseln. Daher trifft den jeweiligen Vermieter die Erhaltungspflicht, wonach er grundsätzlich den Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt ihrer Überlassung an den jeweiligen Mieter aufrechterhalten zu hat. Während die vorinstanzlichen Gerichte darauf abstellten, dass die jeweilige Wohnung unrenoviert überlassen wurde und keine Abrede über vom Vermieter noch auszuführende Arbeiten getroffen worden seien, hielt der Bundesgerichtshof fest, dass die Instandhaltungsansprüche des Mieters unabhängig von dem weiteren Verschleiß der Dekoration von vornherein nicht ausscheiden. Vielmehr trifft den Vermieter eine Instandhaltungspflicht, wenn sich der anfängliche Dekorationszustand wesentlich verschlechtert hat, was der Bundesgerichtshof aufgrund des langen Zeitablaufes seit Mietbeginn (14, bzw. 25 Jahre) als naheliegend erachtet. Der Bundesgerichtshof verkennt jedoch nicht, dass die Wiederherstellung des vertragsgemäßen Anfangszustandes wirtschaftlich unsinnig ist, da diese nicht im Interesse der Mietparteien liegt. Daher wurde der Gedankengang entwickelt, dass der Vermieter die Herbeiführung eines frisch renovierten Zustandes schuldet, der Mieter jedoch als Ausgleich für die Verbesserung des Zustandes der Wohnung im Vergleich zum Zeitpunkt der Überlassung einen angemessenen Ausgleich zu leisten hat.

Der  Bundesgerichtshof entschied daher, dass der Mieter in derartigen Fällen zwar einerseits vom Vermieter eine komplette Renovierung verlangen kann, sich aber andererseits im angemessenen Umfang an den dafür erforderlichen Kosten zu beteiligen hat. Grundsätzlich sei hierbei eine hälftige Kostenbeteiligung angemessen, so der BGH.

Praxistipp

Die vorliegende Entscheidung erging zunächst nur für den Anwendungsbereich des Wohnraummietrechts. Der für das Gewerberaummietrecht zuständige 8. Senat des Bundesgerichtshofs hat die Rechtsprechung hinsichtlich der Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln noch nicht bestätigt. Gleichwohl haben mehrere Oberlandesgerichte die entsprechende BGH-Rechtsprechung auch auf das Gewerberaummietrecht angewandt. Einen zwingenden Grund Gewerberaummietverhältnisse und Wohnraummietverhältnisse im Hinblick auf Schönheitsreparaturen unterschiedlich zu behandeln, ist auch nicht ersichtlich. Daher gilt im Wohnraum- wie Gewerberaummietrecht äußerste Vorsicht im Hinblick auf die Schönheitsreparaturklauseln. Bei Abschluss neuer Mietverträge empfiehlt es sich, sofern das jeweilige Mietobjekt nicht renoviert übergeben werden soll, daher explizit eine Pflicht des Vermieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auszuschließen.

Bei bestehenden Mietverhältnissen, die eine AGB unwirksame Schönheitsreparaturklausel beinhalten, bietet es sich an, den Entfall der Vermieterseitigen Verpflichtung im Rahmen eines Nachtrages festzuhalten. Sollte dies nicht möglich sein und der jeweilige Mieter die Durchführung der Schönheitsreparaturen vom Vermieter verlangen, bzw. einen entsprechenden Vorschuss geltend machen, verbleiben nach den veröffentlichten Entscheidungen noch immer offene Fragen: Ab welcher Dauer der Überlassung ist die Erforderlichkeit der Durchführung von Schönheitsreparaturen naheliegend? Was hat der jeweilige Mieter vorzutragen, um die Erforderlichkeit der Schönheitsreparaturen darzulegen? In welchen Konstellationen ist eine nicht hälftige Kostenbeteiligung der Parteien angemessen?

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