Bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger für das eigene Unternehmen werden immer wieder nicht nur Familienangehörige, sondern auch langjährige (leitende) Mitarbeiter in Betracht gezogen.
Bei diesen stellen sich steuerlich andere Fragen als insbesondere bei der Weitergabe des Unternehmens an die eigenen Kinder. Schenkungsteuerlich gilt dies insbesondere im Hinblick auf die wesentlich geringeren Freibeträge, soweit nicht die Verschonungsvorschriften der §§ 13a, 13b und 19a ErbStG greifen.
Viel wichtiger noch ist aber die Frage, ob es sich bei dem Vorteil, den ein Mitarbeiter durch die vergünstigte oder schenkweise Übertragung etwa eines Geschäftsanteils einer GmbH erlangt, wirklich um eine (ggf. steuerbegünstigte) Schenkung oder stattdessen um lohn- bzw. einkommensteuerpflichtigen „Arbeitslohn“ handelt. Aus Sicht der Finanzverwaltung könnte man etwa argumentieren, dass der Mitarbeiter diesen Vorteil gerade für seiner Tätigkeit in der Vergangenheit erhalte. Damit würde es sich grundsätzlich um einen Ertrag aus dem Arbeitsverhältnis handeln. Dieser kann dem Mitarbeiter auch von einem Dritten, wie den Gesellschaftern einer GmbH, für die er tätig ist, zufließen.
Mit Urteil vom 20.11.2024 (Az.: VI R 21/22) hat der BFH jedoch entschieden, dass ein solcher Zusammenhang nicht ohne weiteres angenommen werden kann.
Ausschlaggebend sind dabei nach Ansicht des BFH ausdrücklich nicht die (subjektiven) Auffassungen und Einstellungen der Beteiligten, sondern die objektiv festzustellenden Umstände.
Der BFH sah im zu entscheidenden Fall zwar einen Zusammenhang der Schenkung zum Arbeitsverhältnis, aber keine (entscheidende) Veranlassung durch dieses. Für die Schenker (GmbH-Gesellschafter) sei vielmehr die sinnvolle Regelung der Unternehmensnachfolge ausschlaggebend gewesen. Der Sohn der Gesellschafter habe nämlich einen Großteil der Anteile erhalten, sei aber fachlich nicht in der Lage gewesen, das Unternehmen zu führen. Deshalb habe man hier vier leitenden Mitarbeitern insgesamt 25,39 % der Geschäftsanteile übertragen, die so zusammen auch eine Sperrminorität stellten und dadurch maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensleitung nehmen konnten.
Als weitere Argumente berücksichtigte der BFH u.a., dass die Übertragung der Geschäftsanteile nicht (wie bei klassischen Managementbeteiligungen) unter der Bedingung stand, dass die Mitarbeiter weiter für das Unternehmen tätig sind. Außerdem übersteige der zugewandte Vorteil aus der Übertragung der Geschäftsanteile die laufende Vergütung der Mitarbeiter in einem solchen Maße, dass man nicht mehr davon ausgehen könne, dass es sich um irgendeine Art von Vergütungsbestandteil aus der Tätigkeit als Mitarbeiter handele. Dieser Vorteil besteht dabei in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der Anteile und einer etwaigen Gegenleistung (im Falle eines vergünstigten Erwerbs statt einer Schenkung).
Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiter hier trotz unterschiedlicher Dauer der Unternehmenszugehörigkeit und unterschiedlicher „regulärer“ Vergütung, gleich viele Anteile an der Gesellschaft erhalten hätten.
Einordnung der Entscheidung
Die Entscheidung des BFH bedeutet keinen einkommensteuerlichen Freibrief in Fällen der schenkweisen oder vergünstigten Unternehmensübergabe an Mitarbeiter. Der BFH bestätigt sogar ausdrücklich, dass in solchen Konstellationen grundsätzlich eine Lohn- bzw. Einkommensteuerpflicht bestehen kann und verweist dazu auch auf frühere Entscheidungen. Er zeigt jedoch zugleich auch die Kriterien auf, nach denen die ertragsteuerlichen Fragen in solchen Fällen zu beurteilen sind.
Im Hinblick auf die Handhabbarkeit dieser Vorgaben ist es sehr zu begrüßen, dass der BFH ausschließlich auf objektive Kriterien abstellt, auch wenn diese faktisch in Bezug auf die mutmaßlichen (subjektiven) Absichten der Beteiligten bewertet werden. Dies erleichtert insbesondere die Beurteilung von Beweisfragen.
Zugleich belegt die Entscheidung ein weiteres Mal, wie wichtig eine umfassende und professionelle (rechtliche wie steuerliche) Planung der Unternehmensnachfolge ist.