Öffentliches Baurecht

Änderung der Landesbauordnung NRW 2018

Fachbeitrag
Immobilienwirtschaftsrecht

Seit dem 01.01.2019 gilt die neue Landesbauordnung NRW 2018 (BauO NRW). Nun ist das schon länger beabsichtigte „Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018“ im Gesetzgebungsverfahren, welches notwendige Klarstellungen und einige redaktionelle Korrekturen, aber auch inhaltliche Änderungen der BauO NRW enthält, wie z.B. die Einführung einer Entscheidungsfrist für Baugenehmigungen. Der Anfang Dezember 2020 in den Landtag eingebrachte Gesetzentwurf enthält Anreize zur Schaffung zusätzlichen Wohnraums und für nachhaltiges Bauen, Maßnahmen zur Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren und zum Ausbau des 5GMobilfunknetzes.

3-Monats-Frist für Baugenehmigung

Durch Änderungen der Verfahrensvorschrift des § 71 BauO NRW, der die Behandlung von Bauanträgen zum Gegenstand hat, möchte die Landesregierung die Baugenehmigungsverfahren weiter beschleunigen. Es werden nun gesetzliche Fristen gesetzt, binnen derer die Bauaufsichtsbehörden über den Bauantrag zu entscheiden haben (§ 71 Abs. 6 BauO NRW neu). Die Bauaufsichtsbehörde ist künftig verpflichtet, innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag zu entscheiden, im vereinfachten Genehmigungsverfahren und über Bauvoranfragen sogar innerhalb von sechs Wochen. Die Frist beginnt jedoch erst, wenn die Unterlagen vollständig und alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen und Mitwirkungen vorliegen. Mit der Eingangsbestätigung hat die Bauaufsichtsbehörde den Bauherren künftig den voraussichtlichen Zeitpunkt der Entscheidung mitzuteilen.

Zur Verfahrensbeschleunigung sieht der Gesetzentwurf außerdem die verpflichtende Einberufung einer Antragskonferenz vor, in der das Bauvorhaben unter Anwesenheit aller zu beteiligenden Stellen erörtert wird. Bislang steht es zur Öffentliches Baurecht Änderung der Landesbauordnung NRW 2018 UPDATE Immobilienwirtschaftsrecht April 2021 UPDATE Immobilienwirtschaftsrecht | 2 Disposition der Behörde, ob sie eine Antragskonferenz einberuft.

An anderer Stelle sollen die Bauaufsichtsbehörden entlastet werden. Beispielsweise soll die Abweichung von brandschutzrechtlichen Anforderungen nicht mehr einer Zulassung durch die Bauaufsicht bedürfen. Stattdessen reicht die Bescheinigung eines staatlich anerkannten Sachverständigen aus (§ 69 BauO NRW neu).

Dachgeschossausbau

Zur Gewinnung von Wohnraum wird der Dachgeschossausbzw. -aufbau erleichtert. Dazu soll die Pflicht zum Einbau oder zur Weiterführung eines Aufzugs entfallen, wenn bei einem vor dem 01.01.2019 errichteten Gebäude zusätzlicher Wohnraum durch Dachgeschossausbau oder eine Aufstockung um bis zu zwei Geschosse geschaffen wird. Bislang sieht § 39 BauO NRW vor, dass Gebäude mit mehr als drei oberirdischen Geschossen über Aufzüge in ausreichender Zahl verfügen müssen.

Neu: Abstandsflächen von Kerngebieten und Garagen

Für Kerngebiete wird die Abstandsflächentiefe generell auf 0,25 H (mindestens 3 m) reduziert. Zurzeit gilt in Kerngebieten eine Tiefe der Abstandsflächen von 0,4 H.

Die Regelung zu den Abstandsflächen von Garagen und untergeordneten Gebäuden wird zwecks Klarstellung geändert (§ 6 Abs. 8 BauO NRW neu). Überdachte Stellplätze werden im neuen § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 BauO NRW ausdrücklich aufgeführt („Carports“). Neue gestalterische Möglichkeiten werden eröffnet, weil auch Garagen, die keine selbstständigen Gebäude sind, in die Privilegierung von Grenzgaragen einbezogen werden. Damit möchte der Landesgesetzgeber der Rechtsprechung des OVG NRW entgegentreten, nach der das Privileg als Grenzgarage entfällt, wenn eine Garage Bestandteil des Hauptbaukörpers wird.

Nachhaltiges Bauen und Klimaschutz

Der Landesgesetzgeber sieht ein hohes Potenzial zur Reduktion von CO2-Emissionen bei Bestandsgebäuden, insbesondere da rund 50% der Gebäude in NRW von 1949 bis Ende der 1970er Jahre errichtet wurden. Um energetisch sinnvolle Maßnahmen auch bei grenznaher Bebauung zu ermöglichen, werden diese im Abstandsflächenrecht privilegiert. So soll nachträgliche Wärmedämmung künftig bis zu einer Dicke von 0,30m für die Bemessung der Abstandsfläche unbeachtlich bleiben (bisher 0,25m), ebenso nachträgliche Dämmmaßnahmen an Dächern, die zu einer größeren Wandhöhe führen (z.B. bei einer Aufsparrendämmung).

Solardächer auf Parkplätzen

Um großflächig versiegelte Flächen einer effizienten Nutzung zuzuführen, plant die Landesregierung für offene Parkplätze ab 2022 eine „Überdachungspflicht“ mit Solaranlagen. Parkflächen mit mehr als 25 Kfz-Stellplätzen müssen künftig mit einer Photovoltaikanlage oder einer solarthermischen Anlage zur Wärmeerzeugung überbaut werden, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche oder private Parkflächen handelt. Ausgenommen sind lediglich Parkstreifen an Straßen o.Ä.. (§ 8 Abs. 2 BauO NRW neu).

Durch die Überdachungspflicht soll zugleich ein weiterer Anreiz für die Kopplung der Sektoren Bauen und Verkehr geschaffen werden. Bereits seit der letzten Novelle der BauO NRW haben Gemeinden die Möglichkeit, per Satzung die Errichtung von Stromleitungen für die Ladung von Elektrofahrzeugen zu regeln (§ 48 Abs. 3 S. 2 Nr. 7 LBauO NRW). Zudem plant der Bund mit dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) die Pflicht zur Schaffung von Ladeund Leitungsinfrastruktur für E-Autos einzuführen (s. dazu unser Update von Oktober 2020).

Bauruinen

Wenn ein Grundstückseigentümer seine bauliche Anlage nicht nutzt und verfallen lässt, soll die Bauaufsichtsbehörde ihn künftig zum Abbruch bzw. zur Beseitigung verpflichten können (§ 82 Abs. 2 BauO NRW neu). Bisher geht das oft aus Gründen des Bestandsschutzes nur, wenn von der baulichen Anlage eine Gefährdung ausgeht, z.B. wegen mangelnder Standsicherheit. Die neue Regelung soll den zuständigen Behörden unabhängig von einer solchen Gefahrenlage die Befugnis geben, Beeinträchtigungen des Ortsbildes entgegenzuwirken.

Praxistipp

Eine erste Beratung des Gesetzentwurfs im nordrheinwestfälischen Landtag fand am 16.12.2020 statt. Laut Gesetzentwurf sollen die geplanten Änderungen bereits zum 01.07.2021 in Kraft treten. Vor diesem Zeitpunkt eingeleitete Verfahren sollen weiterhin nach dem bisher geltenden Baurecht beurteilt werden, es sei denn die Bauherren beantragen die Anwendung der neuen Vorschriften (Übergangsvorschrift § 90 Abs. 4 BauO NRW neu).

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